Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 60

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Das ist moderne Wirtschaftspolitik. Das ist die Idee, wie man Zukunft "finden" kann. Warum machen Sie das denn nicht nach insgesamt 27 Jahren, die Sie den Bundeskanzler stellen? – Vergleichen Sie doch den Zustand dieser Republik in wirtschaftspolitischen Fragen, in Fragen der Rahmenbedingungen des Wirtschaftens mit den modernen Punkten, die die deutsche Sozialdemokratie allerdings in Opposition erst finden mußte! Ist es unbedingt notwendig, daß Sie zuerst in Opposition gehen, um eine vernünftige Wirtschaftspolitik zu formulieren? – Vielleicht denken Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, einmal darüber nach!

Frau Tichy-Schreder hat die neue Selbständigkeit angesprochen. Sie entsteht eben nicht durch schöne Sprüche und Worte. Sie entsteht durch ganz klare Hard-Facts, durch ganz klare Rahmenbedingungen, die die neue Selbständigkeit fördern. Frau Tichy-Schreder! Sie brauchen nicht pausenlos neue Unternehmer zu fördern! Hören Sie auf, sie zu behindern! Das ist der Punkt! (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Böhacker.  – Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder. )

Solange Sie an Ihren reaktionären zünftlerischen Gewerbeordnungen – Ladenschluß, Bürokratieregelungen und so weiter und so fort – festhalten, behindern Sie die Gründung neuer Unternehmen. Wenn heute ein Posten öffentlich ausgeschrieben wird – für einen Freiberufler, nicht für ein produktives Unternehmen –, muß der Bewerber 37 Seiten ausfüllen, bevor er überhaupt zur Ausschreibung kommt.

Sie installieren heute ein Arbeitnehmerschutzgesetz, das für diejenigen Betriebe unter 100 Mitarbeiter ab dem Jahr 2000 jährlich über 1,2 Milliarden Schilling kosten wird. Das haben Sie von der Österreichischen Volkspartei mitbeschlossen – gegen den wütenden Protest des Liberalen Forums. Wir haben eine Aktuelle Stunde dazu gemacht. Wir haben Sie aufgefordert: Seien Sie doch in der Lage, zwischen gefährdeten Betrieben und nicht gefährdeten Betrieben zu trennen. – Das Bekenntnis zum Arbeitnehmerschutz vertreten wir alle in diesem Haus. Warum ändern Sie nichts? – Das sind die vielen kleinen Bausteine, die Beschäftigung schaffen.

Warum stellen Sie sich nicht der Frage der Eigenkapitalbildung? – Es nützt doch nichts, wenn wir immer wieder davon reden, die österreichische Wirtschaft habe zuwenig Eigenkapital. Ja, das stimmt. Ich gratuliere von diesem Pult aus der österreichischen Industrie, die ihre Eigenkapitalanteile von mickrigen 25, 26 Prozent jetzt auf immerhin 31 Prozent gesteigert hat. Aber wo findet denn die Summe der Beschäftigung statt? Wo entsteht denn das neue Wachstum, Herr Wirtschaftsminister? – In den KMUs selbstverständlich. Wenn Sie sich die Vergleichsziffern – egal, ob die der Nationalbank oder von Forschungsinstituten – anschauen, dann stellen Sie fest, Sie haben zu Buchwerten – ich betone: zu Buchwerten – Eigenkapitalsituationen, bei denen der Medianwert irgendwo knapp über Null liegt, das obere Quartil sich in der Größenordnung von unter 10 Prozent bewegt und das untere oder schlechteste Viertel mit einem negativen Eigenkapital arbeitet.

Wenn Sie glauben, daß die Buchwerte falsch sind, wenn Sie immer damit argumentieren, daß doch die stillen Reserven so viel wert seien, dann stimmen Sie doch dem liberalen Antrag zu – die Freiheitlichen unterstützen ihn Gott sei Dank ebenfalls (Zwischenruf des Abg. Böhacker ), richtig, vielen Dank –, damit wir die Möglichkeit haben, in den Unternehmen, in denen es tatsächlich stille Reserven gibt, diese im Eigenkapital darzustellen und darüber hinaus die Verzinsung dieses buchmäßigen Eigenkapitals mit der Sekundärmarktrendite auch nur der KESt-Besteuerung zu unterziehen. Dann haben Sie eine horizontale Steuergerechtigkeit. Heute muß jeder gute Betriebsberater und Wirtschaftsberater selbstverständlich seinem Klienten, der eine Kommanditgesellschaft, eine OHG, eine Einzelfirma hat, sagen: Nimm alles Geld aus der Firma heraus, und lege deine Liquidität in Staatspapieren oder sonstwo an, und lukriere die 25prozentige KESt-Endbesteuerung. Denn wenn du es in der Firma läßt, zahlst du dafür 50 Prozent! (Abg. Böhacker: Gibt es eh nicht mehr lange! Das ist nur eine Frage der Zeit!)

Herr Wirtschaftsminister! Sie werden mich jetzt fragen: Was hat all das mit mir zu tun? – Er redet da von Steuern und von Eigenkapital. Ich bin doch der Wirtschaftsminister. – Das ist der Punkt. Das ist das große Mißverständnis, das ich in Ihrer Auffassung von Ihrer Position als


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