Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 141

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sönlichen und personellen Ressourcen versuchen, gegen die internationale, gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen.

Österreich ist in vielen Bereichen noch ein "Ruheland", ein "Ruheraum" der organisierten Kriminalität. Wir sind aber in immer stärker werdendem Maße ein Land, das von aus dem Osten Europas kommender organisierter Kriminalität überlappt wird, und wir haben die Aufgabe, sehr vehement dagegen vorzugehen. Wir sind erst am Beginn einer wirkungsvollen Strategie gegen die organisierte Kriminalität.

Und zur Drogenkriminalität. Sie haben völlig recht: Das ist ein Problembereich, den wir einfach nicht im Griff haben. Ich gebe hier sehr offen zu, daß der Bereich der Drogenkriminalität für die österreichische Exekutive sehr schwierig ist. Aber machen wir nicht den Fehler, das ausschließlich auf die österreichische Exekutive abzuladen! Die österreichische Exekutive kann das nicht allein lösen! Das ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, bei der alle Bereiche unserer Gesellschaft gefordert sind! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Um Ihnen nur ein Beispiel zu bringen: Zwei Drittel aller weiblichen jugendlichen Drogenabhängigen sind Mädchen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuell mißbraucht wurden. Allein diese Zahlen beweisen schon den engen Zusammenhang und zeigen, daß das nicht eine Aufgabe allein der österreichischen Exekutive sein kann, sondern daß sehr viele Schritte gesetzt werden müssen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sozialistische Erziehungspolitik! – Widerspruch bei der SPÖ.) Das wäre zu vereinfachend, wenn man es darauf reduzieren würde, Frau Abgeordnete! Ich kann Ihnen genügend Beispiele dafür nennen, daß es sehr viele Drogenabhängige gibt, die in keiner Weise irgend etwas mit sozialistischen Familien zu tun haben. Ich hoffe für alle, daß wir persönlich nicht in eine solche Situation kommen. (Abg. Dietachmayr: Schämen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete! Sie hätten vielleicht recht, wenn das ausschließlich ein österreichisches Problem wäre. Aber schauen Sie sich um: Die Drogenkriminalität, die Drogenabhängigkeit ist kein österreichisches, sondern ein internationales Problem und tritt genauso in jenen Ländern auf, in denen es seit vielen Jahren und vielen Jahrzehnten konservative Regierungen gibt. Darum wäre es falsch, es auf das zu reduzieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Selbstverständlich hat die österreichische Exekutive in den letzten Jahren deutliche Fahndungserfolge erzielt. Die Zahlen sprechen dafür. Je höher die Zahl der Anzeigen ist, desto mehr ist das ein Beweis dafür, daß die österreichische Exekutive tätig ist. Nur: Mit dem Anzeigen, dem Verhaften und dem Verurteilen eines Drogenabhängigen und eines Drogenkriminellen haben wir das Problem noch nicht gelöst; dessen müssen wir uns bewußt sein. Wir müssen die gesellschaftlichen und die gesellschaftspolitischen Ursachen und Wurzeln bekämpfen, und dabei kann die Exekutive nur ein kleiner Bestandteil sein.

Der dritte Bereich, der mir große Sorgen macht, ist der Bereich der Gewalt in der Familie und der sexuellen Ausbeutung von Unmündigen, von Minderjährigen, von Kindern und von Jugendlichen. In diesem Bereich haben wir eine enorm hohe Dunkelziffer. Es gibt Untersuchungen aus Deutschland, die meiner Meinung nach auf Österreich übertragbar sind, die besagen, daß jedes vierte Mädchen und jeder zehnte Junge in seiner Kindheit oder in seiner Jugend in der einen oder anderen Form sexuell mißbraucht worden ist. Das sind Zahlen, die uns einfach zum Nachdenken anregen müssen. Wir müssen gemeinsam alle Maßnahmen setzen, um gegen sexuellen Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen vorzugehen.

Frau Abgeordnete! Die polizeiliche Kriminalstatistik aus dem Jahre 1997, der Dreivierteljahresbericht, also Jänner bis September 1997, zeigt, daß wir betreffend Beischlaf und Unzucht mit Unmündigen nach §§ 206 und 207 eine enorm gestiegene Zahl der bekanntgewordenen Fälle haben. Hatten wir von Jänner bis September 1995 noch 498, so waren es von Jänner bis September 1996 schon 673 und von Jänner bis September 1997 bereits 1 039. Das bedeutet innerhalb von zwei Jahren fast eine Verdreifachung allein der Zahl der bekanntgewordenen


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