Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 149

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modernen Standards wäre schon etwas Feines – ohne daß man den Vereinen damit Bürokratie auflastet. Das würde Rechtssicherheit für alle schaffen: für die Vereine und für diejenigen, die mit Vereinen zu tun haben, weil sie sich in einem ordentlichen Register vergewissern können, ob jemand einen rechtens bestehenden Verein vertritt oder nicht. Bei den Firmen machen wir das so ähnlich. Deshalb, glaube ich, ist diese Aufgeregtheit und der sofortige Ruf nach einem starken Staat und nach Recht und Ordnung in diesem Zusammenhang wirklich unpassend.

Wenn ich jenen, die es vorhin nicht gehört haben, vielleicht noch ein Kiss-Zitat in Erinnerung rufen darf: Kollege Kiss hat gesagt, die ÖVP sei der "Motor dieser Regierung" – wahrscheinlich gemeint in Sicherheitsfragen. Ich würde sagen: wohl eher der Hilfsmotor mit Rutschkupplung. Ich sage Ihnen auch noch, was ich damit meine. (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie beschwören den starken Staat, definieren ihn aber nicht. Ich habe meine Sorge, was Sie damit meinen könnten. Wir sind selbstverständlich auch für einen starken Staat, aber für einen starken Rechtsstaat. Da zitiere ich ganz bewußt eine meiner Vorrednerinnen. Denn ein Staat ist nur dann stark, wenn er sich auch an seine eigenen Regeln hält und wenn er diese rechtens zustande kommen läßt – und wenn er sie mit Sorgfalt anwendet und nicht zum Beispiel den Lauschangriff schon zu einem Zeitpunkt praktiziert, wo er noch gar nicht beschlossen war. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das ist kein starker Staat, sondern das ist ein mutwillig agierender Staat. Und das ist schlecht und vor allem nicht wirklich demokratisch legitimiert.

Aber die Rutschkupplung, Herr Kollege Kiss, das ist das Waffenrecht. Sie rufen zwar nach dem starken Staat, aber wenn das Waffenrecht einer neuen Ordnung zugeführt werden soll, dann könnte der Staat seine Stärke zeigen. Dort aber sagen Sie auf einmal: Nein, nicht mit uns! Da wollen Sie es offenbar lieber so ähnlich wie in Amerika, wo sich jeder, der will, eine Schußwaffe kaufen kann, und wenn er nur damit zufrieden ist, daß er sie wenigstens zu Hause liegen hat. Und was dann damit passiert, das wissen wir. Denn so manches, was an Gewalt in der Familie passiert, ist auch dadurch dramatischer, daß wir vielleicht ein etwas zu nachlässiges Waffenrecht haben. Und wer für den starken Staat eintritt, aber gleichzeitig bei der Verschärfung von waffenrechtlichen Vorschriften offenbar das Zittern bekommt, der ist ein Hilfsmotor mit Rutschkupplung! Das sage ich Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Kiss: Wir haben nach zweijährigen intensivsten Beratungen eines der modernsten Waffengesetze Europas!)

Abgesehen davon hat sich Kollege Kiss, was den Sicherheitsbegriff angeht, ausschließlich mit Fragen der Sicherheitsexekutive befaßt. Jetzt sage ich Ihnen von dieser Stelle aus: Selbstverständlich braucht ein Staat, der das Gewaltmonopol für sich in Anspruch nimmt – und unter anderem deswegen auch für ein strenges Waffenrecht eintritt –, eine rechtsstaatlich geordnete und gute Sicherheitsexekutive. Das ist völlig klar. Aber sie ist das Instrument, das man dann einsetzt, wenn man keine anderen Möglichkeiten mehr hat. Es ist die Ultima ratio, die permanente Drohung, die Abschreckung. Aber ein Sicherheitsbegriff muß umfassender sein, er muß auch das vorbeugende Krisenmanagement enthalten, und er muß sich auch damit beschäftigen, ob eine Gesellschaft so gestaltet ist, daß dem Krisenfall, wo dann vielleicht jemand auch zur Gewalt greift, möglichst vorgebeugt wird und nicht erst hintennach unter Einsatz des Gewaltmonopols bereinigt werden muß.

An einem Beispiel möchte ich Ihnen aufzeigen, wie wir mit dieser überschießenden Tendenz umgehen, und zwar im Bereich der Schubhaft. Es werden bei uns regelmäßig Leute in Schubhaft genommen, von denen bekannt ist, daß sie gar nicht abgeschoben werden können, weil der Fall so liegt, daß dies aufgrund internationaler und menschenrechtlicher Gründe nicht möglich ist. Also frage ich Sie: Was soll das? Noch dazu wissen wir, daß ein Tag Schubhaft den Bund zwischen 650 S und 700 S kostet, während ein Tag Bundesbetreuung auf ungefähr 200 S käme. Also wenn Sie schon diese Menschen "betreuen" wollen, dann betreuen Sie sie, aber nicht in Form von Schubhaft, denn das ist eine Betreuungsform, die der Menschenwürde nicht entspricht und im übrigen auch nicht ganz im Sinne des Zweckes ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der Herr Bundesminister hat gemeint, daß er drei Varianten sieht, dem Mangel an Schubhaftplätzen abzuhelfen, nämlich eventuell in Schwechat etwas zu bauen – dagegen sprechen an


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