Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 63

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Das kann doch wohl nur heißen, Frau Bundesministerin, daß mehr Geld für Bildung nicht automatisch bedeutet, daß dadurch auch bessere Bildungsergebnisse erzielt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das heißt, die Effizienz unseres Bildungswesens ist offensichtlich nicht im Steigen begriffen, trotz laufend steigender Ausgaben.

Die seit Jahren und in vielen Regierungserklärungen bereits angekündigte Bildungsoffensive ist bisher ausgeblieben. Teilreparaturen, die von Ihnen immer wieder durchgeführt werden, korrespondieren in keiner Weise mit den gesellschaftlichen Veränderungen. Ich glaube, genau das ist der Punkt: Sie haben die gesellschaftlichen Veränderungen bei Ihrer Bildungspolitik viel zuwenig berücksichtigt.

Schon Nestroy hat gesagt: "Das Leben ist die wahre Schul’!" – Dieses Leben hat sich gerade in den letzten Jahren und Jahrzehnten grundlegend geändert, unsere Schule aber nicht. Das Bildungswesen ist mit gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert, die aber eine Neuorientierung notwendig machen.

Es gibt einen raschen Strukturwandel in der Berufs- und in der Arbeitswelt. Menschliche Routinetätigkeit ist kaum noch gefragt. Mechanisierung, Automatisation übernehmen diese Routinetätigkeit, und hierarchische Ebenen verschwimmen in zunehmendem Maße. Zusammenarbeit und Teamfähigkeit sind gefragt.

Die Ansprüche an Mitarbeiter werden also zunehmend komplexer, Multifunktionalität ist gefragt, und darauf gibt unser Bildungssystem keine Antwort beziehungsweise noch viel zuwenig Antworten.

Zudem sind wir nicht nur in der Berufs- und Arbeitswelt, sondern auch im öffentlichen und im privaten Leben mit einem Strukturwandel konfrontiert: im privaten Leben durch technische Entwicklungen, die immer mehr Einzug halten, auch im Freizeitbereich, im privaten Bereich.

Frau Bundesministerin! Daraus resultiert, daß jeder einzelne in zunehmendem Maße gefordert ist, Eigeninitiative zu ergreifen, Verantwortung zu übernehmen, selbst auf die Gestaltung seiner Situation Einfluß zu nehmen. Da liegt die Herausforderung für die künftige Bildungspolitik. Wir müssen gemeinsam Antworten darauf finden.

Das bedeutet für die künftige Bildung, daß die Erwartungen, die immer höher, immer widersprüchlicher sind, im Detail nicht erfüllt werden können. Das heißt, die Schule kann heute nicht mehr auf den klassischen Beruf, den man dann zeit seines Lebens ausüben sollte, vorbereiten. Das wird es nicht mehr geben. Daher soll die Schule befähigen, selbständig zu werden, Eigenverantwortung zu übernehmen, mit laufenden Veränderungen fertigzuwerden. Komplexe Probleme, die gelöst werden sollen, erfordern vernetztes Denken. Das heißt – diesbezüglich ist die Schulpolitik bis jetzt noch nicht weit gekommen, Frau Bundesministerin –, Fächergrenzen müssen endgültig überwunden werden. Stundentafel, Stundenplan müssen völlig neu konzipiert werden. Da warten wir auf Ansätze, aber diese gibt es bei Ihnen nicht – zumindest nicht soweit, daß sie bis zu uns vorgedrungen wären. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Flexible Gestaltung des Unterrichtes, Blockunterricht, all das gibt es in der normalen Schulpraxis kaum oder gar nicht. (Abg. Dr. Krammer: Das glauben Sie aber selbst nicht!) Also an deiner Schule mit Sicherheit überhaupt nicht. (Abg. Dr. Krammer: Dann komm einmal und schau es dir an!) Ich schaue mir das einmal an. Ich kenne den durchaus zu 95, 100 Prozent gerade an deiner Schule durchgeführten Frontalunterricht. (Abg. Dr. Krammer: Den Turnsaal kennst du – und sonst nichts!) Genau das läuft in unseren Schulen. Ihr habt bis jetzt nichts weitergebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine wesentliche Voraussetzung – da wurde der erste Schritt gemacht, und das begrüßen wir auch sehr – ist die Teilrechtsfähigkeit. Ich hoffe, es wird einmal Möglichkeiten geben, bis zur Vollrechtsfähigkeit ein eigenes Schulprofil zu entwickeln.

Frau Bundesministerin! Was wir aber auch fordern, ist, daß mehr Wettbewerb in die Schulen gebracht wird: mehr Wettbewerb unter den Lehrern, unter den Direktoren, die unter Umständen


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