Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 112

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Das nächste echte Problem bekommen Sie selbstverständlich mit den Kammern. Denn die Kammern sind Organisationsformen der Selbstverwaltung, und da schaue ich mir dann an, wie Sie das beseitigen werden, was Sie dort auch in Jahrzehnten an Privilegien entwickelt haben. Das wird auch nicht ganz so einfach sein, außer es kommt zu einer Selbstreinigung in diesen Organisationen. Aber auch dort gibt es zum Teil Individualverträge. Daher werden Sie aus diesem Dickicht Ihres eigenen Dschungels nicht so leicht herausfinden.

Harmonisierung ist eine harte Aufgabe, die nicht leicht zu lösen ist. Sie halten ja unseren Antrag in Händen, denn die liberale Fraktion hat einen Selbständigen Entschließungsantrag gestellt, der noch der Ausschußbehandlung harrt. Die Kollegin Reitsamer hat ihn offenbar deswegen bis heute noch nicht auf die Tagesordnung gesetzt, weil sie erkannt hat, daß unser Antrag auch dann aktuell bleibt, wenn Sie jetzt eine – Sie nennen es so – Reform machen. Daher hat sie ihn vorsorglich aufgehoben, damit wir ihn bei einer der nächsten Sozialausschußdebatten behandeln können. Dieser zielt auf die volle Harmonisierung ab.

Ihre eigene Vorsitzende im Sozialausschuß hat diesen Antrag nicht etwa jetzt, zusammen mit den Budgetbegleitgesetzen oder mit dem ASRÄG, in Verhandlung genommen. Das wäre logisch gewesen, wenn sie selbst der Meinung gewesen wäre, daß das ASRÄG eine Harmonisierung ist. Sie hat aber erkannt, daß dieser Antrag weiter geht und erst nachher verhandelt werden kann. Daher sage ich Ihnen: Sie selbst geben zu, daß noch nicht harmonisiert ist! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Weil mehrfach eitel der Professor Rürup genannt worden ist: Er hat in seinem Policy-Mix ein Volumen von 20 Prozent gezeigt, und von diesem gezeigten Volumen haben Sie nur 3 Prozent umgesetzt. Das ist eben nur ein Sechstel. Niemand hat verlangt, daß Sie alles, was Rürup sagt, auf Punkt und Beistrich machen müssen. Aber Sie haben nicht einmal seine Mindeststandards erfüllt.

Rürup hat sich wiederholt geäußert, zuletzt erst wieder in einer sehr interessanten Beilage im "Standard": Das Lebenseinkommen ist nach wie vor außer Sicht als Bemessungsgrundlage, einheitliche Steigerungsbeträge sind nach wie vor nicht in Sicht, die rasche Angleichung der Pensionsantrittsalter ist nicht in Sicht. Die wirkliche Erfassung aller Erwerbstätigen ist Ihnen mißlungen, die beitragslosen Zeiten sind nach wie vor nicht mit Beiträgen ausgependelt. Sie haben zwar bei den Müttern immerhin ein bißchen etwas anerkannt – aber wo sind die äquivalenten Zahlungen für die Bundesheersoldaten? – Wieder nichts.

Rürup fordert auch Anreize zum Ausbau des privaten Pensionsabsicherungsbereiches. Das fordert er auch! Außerdem führt er ausdrücklich aus, daß mit dem Umlagesystem der hohe Lebensstandard auf Dauer nicht gehalten werden kann. Also bitte: Was heißt denn das anderes?

Und er führt aus: In diese Lücke sollte die Eigenvorsorge treten. Rürup sagt, in Österreich sind das bestenfalls 10 Prozent, er meint aber, es sollten mindestens 25 bis 30 Prozent sein. Nehmen Sie das daher zur Kenntnis: Auch Rürup ist für ein duales System und nicht für ein ausschließlich auf Umlagefinanzierung gestütztes System (Beifall beim Liberalen Forum) , allerdings für ein duales System, das der Eigenvorsorge mehr Raum gibt. Und das sollten Sie bitte zur Kenntnis nehmen!

Von dem Policy-Mix haben Sie also nur Bruchstücke umgesetzt, die Gesamtharmonisierung ist Ihnen nicht gelungen. Es mag Ihnen die Dringliche Anfrage so unangenehm sein, wie sie im Detail teilweise auch ist, aber im Kern, Herr Bundeskanzler, machen Sie einen schweren Fehler, wenn Sie jetzt hier behaupten, die Welt sei heil, und die Opposition – im speziellen Fall die Antragsteller – sei böse. Sie mag manchmal böse sein, aber da hat sie den Punkt getroffen, und daher hilft Ihnen das gar nichts. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein weiterer Gesichtspunkt, Herr Bundeskanzler: Wenn Sie wirklich der Meinung sind – und da würde ich Sie fast um eine zweite Wortmeldung ersuchen –, daß Sie das Eisenbahner-Problem in irgendeiner Weise durch Verhandlungen mit der Gewerkschaft und/oder durch einfachgesetzliche Regelungen lösen können, dann sagen Sie uns wenigstens andeutungsweise, wie! Ich bitte Sie herzlich darum!


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