Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 182

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verteidigung und über Sandburgen lustig zu machen. Das alles ist wahnsinnig witzig. Aber trotzdem ist es ganz gut, wenn man eine funktionierende Sicherheitspolitik hat. (Abg. Wabl: Wenn wir eine Sicherheitspolitik hätten und keine NATO-Manöver von Herrn Fasslabend!)

Ich kann auch nicht verstehen, wie man einem Prinzip der Gewaltfreiheit anhängen kann, das nicht einmal eine Vision, sondern leider nur eine Schimäre ist. Ich denke, sich zur Friedenserhaltung zu bekennen, und das auch mit militärischen Mitteln, wird in unserer Welt wohl notwendig sein. Die Herren des Bundesheeres – einige sitzen hier – leisten dafür großartige Arbeit. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Die Unehrlichkeit der österreichischen Politik ist die, daß wir uns alle zum Bundesheer bekennen, es letztlich aber finanziell ausgehungert wird. Ich habe mich selbst in einigen Kasernen in Gesprächen mit Bataillonskommandanten unterhalten und mir ihre Kasernen angesehen. Ich muß Ihnen sagen, es ist wirklich spannend: Es ist tatsächlich ein Teil der österreichischen Schizophrenie, daß wir uns zwar auf der einen Seite zum Bundesheer bekennen, auf der anderen Seite aber nicht bereit sind, jene finanziellen Mittel aufzubringen, die notwendig sind, um eine wirklich funktionierende Landesverteidigung zu ermöglichen.

Wir haben heute teilweise militärisches Gerät – davon hat auch Leikam gesprochen –, das mehr zur Selbstgefährdung des Heeres als zum Schutz der eigenen Truppe dient. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man dieser Schizophrenie in Österreich weiterleben will. Wenn man sich zum Bundesheer bekennt, dann wird man ihm meiner Ansicht nach auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung geben müssen. Die "Friedensrente", von der heute gesprochen wurde, lukrieren wir bereits seit 1956, seit der Gründung des Bundesheeres.

Wir haben regelmäßig – mit ganz wenigen Ausnahmen – unter 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für unsere Landesverteidigung ausgegeben. Andere Staaten haben nach dem Zusammenbruch des Kommunismus jetzt eine "Friedensdividende" lukrieren können und ihr Budget von 3,3 auf 2,3 Prozent gesenkt. Wir stehen heute bei 0,83 Prozent. Herr Landesverteidigungsminister! Wie Sie das als große Leistung hinstellen können, bleibt Ihnen überlassen.

Als zweites Thema möchte ich ein wirtschaftliches anschneiden. Im Juni 1996, vor eineinhalb Jahren, ließ uns die Österreichische Volkspartei stolz wissen, daß die Modernisierung der Heerespanzer vor der Tür stehe. Im Dezember 1996, also vor einem Jahr, beschloß der Landesverteidigungsrat die Zustimmung sowie die Realisierung des Mech-Paketes. Der ausländische Teil davon ist realisiert, der inländische Teil nicht.

Es gibt – Gott sei Dank! – in Österreich noch eine Wehrindustrie, die Wertschöpfung schafft und – soweit es mit den Gesetzen vereinbar ist – Exporte realisiert, die auch Joint ventures in anderen Ländern hat, wo österreichischen Know-how verkauft wird, und die zwei Waffensysteme – ASCOD und PANDUR – entwickelt hat, wirkliche Qualitätsprodukte, die auch in anderen Armeen Verwendung finden. Dennoch hat die österreichische Waffenindustrie heute noch immer keine Zusage; was sage ich denn "Zusage": Sie hat noch nicht einmal eine Ausschreibung, noch nicht einmal eine Einladung zur Angebotslegung für die versprochenen Aufträge!

Herr Bundesminister! Wie stellen Sie sich das im ökonomischen Bereich vor? Wie sollen Firmen, die ja nur deswegen diese Technologie entwickeln können, weil sie auch im Inland gebraucht wird, planen, wie sollen sie Arbeitsplätze bereitstellen, wie sollen sie Beschäftigung sichern, wie sollen sie österreichisches Know-how und österreichische Wertschöpfung verwenden, wenn Sie ihnen – nach jetzt schon über einem Jahr – nicht einmal die nötigen Ausschreibungsunterlagen zugeschickt haben, damit sie einen Auftrag verwirklichen können! (Abg. Wabl: Kollege Peter! Sie sollten sich nicht die Rede vom Krünes schreiben lassen!)

Herr Bundesminister! Mir fällt dazu nur ein schöner Satz von Max Frisch ein, den er in "Homo faber" geschrieben hat. Er sagt dort: "Es ist ein Delirium fröstelnder Entschlußlosigkeiten", und in das sind Sie offensichtlich gefallen. – Ich bedauere das im Sinne des österreichischen Bundesheeres, und ich bedaure das auch im Sinne der österreichischen Wehrwirtschaft. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wabl: Krünes ist ja ein schlechter Redenschreiber!)

21.19


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