Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 25

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ich, Abgeordneter Barmüller in diesem einen Punkt recht – über die anderen Punkte will ich mich jetzt nicht verbreiten, aber in diesem einen Punkt hat er recht –, daß Sie hinsichtlich der neuen Chancen im Bereich der Alternativenergieproduktion offensichtlich mehr den Interessengruppen nachgeben, die in Österreich den ganzen Strommarkt fest im Griff haben, den Heizungsmarkt fest im Griff haben, den ganzen Energiemarkt in einer Art Monopol fest im Griff haben. Diese Gruppen haben in Ihrer Partei wesentlich mehr das Sagen und setzen sich offensichtlich beim Agrarminister besser durch als jene Gruppen, die meines Erachtens hervorragende Konzepte schreiben, um in der Landwirtschaft neue, bessere Bedingungen für die bäuerliche Bevölkerung zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Ich hätte heute hier ans Rednerpult treten können und unser Energiekonzept, das von Sascha Van der Bellen, von Langthaler, vom Klubobmann des Vorarlberger Landtages, Christian Hörl, und anderen erarbeitet worden ist, vorstellen können, aber es gibt ausreichend – nicht nur ausreichend, sondern ausgezeichnete – Konzepte auch aus Ihrem Nahbereich, meine Damen und Herren. Ich denke nur an das großartige Biomasseprogramm aus Ihren Reihen. Darin ist von 30 000 neuen Arbeitsplätzen die Rede, das enthält ein sehr, sehr ausgefeiltes, differenziertes Konzept im Energiebereich, im Förderungsbereich, da wird Bezug genommen auf die große Entscheidung im Toronto-Abkommen.

Aber die Realität sieht ganz anders auf. Diesen Widerspruch lösen Sie nicht auf, sondern Sie geben den Lobbyisten nach. Und das ist der große Vorwurf, der Ihnen zu machen ist, und das ist der große Fehler der Agrarpolitik, Herr Landwirtschaftsminister.

Lesen Sie das durch. Es erinnert an ein bestes grünes Programm, das man auf dem Energiesektor machen könnte: mehr Beschäftigte, Schaffung von 30 000 Dauerarbeitsplätzen, eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 4,5 Millionen Tonnen, also eine Verbesserung der lokalen Luftqualität, Verringerung der Energieabhängigkeit, Steigerung der Eigenvorsorge um 5 Prozent nach diesem Programm, eine verbesserte internationale Handelssituation.

Herr Kollege Schwarzböck! Das sind Zahlen. Das sind Fakten. Seriöse Experten haben daran gearbeitet – nur die Wissenschaft allein ist nicht dafür zuständig, daß diese Dinge umgesetzt werden, sondern Sie, Herr Kollege Schwarzböck, Sie, Herr Minister Molterer. Da hat Barmüller recht: Sie geben den Lobbyisten nach.

Die Umsetzung dieses Konzepts würde eine Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe mit sich bringen, die Existenzsicherung in Land- und Forstwirtschaft, natürlich auch in allen vorgelagerten und nachgelagerten Betrieben. Und selbstverständlich auch weniger Staatsausgaben!

Herr Schwarzböck! Die Arbeitslosenrate würde gesenkt werden. Sie wissen genau, daß wir im landwirtschaftlichen Bereich jährlich 8 000 bis 10 000 Menschen weniger haben. Würden wir das als ein Unternehmen betrachten, in dem manche sehr gut verdienen und manche sehr schlecht, in dem manche sehr viel arbeiten müssen und andere weniger, dann müßte man sagen: In diesem Betrieb gehen jährlich 8 000 bis 10 000 Arbeitsplätze verloren.

Jetzt ist die Frage: Gehen sie deshalb verloren, weil dort sinnvoll rationalisiert wird? – Das ist auch der Fall. Aber im wesentlichen gehen die Arbeitsplätze dort verloren, weil ein Mythos entstanden ist – der Mythos der Globalisierung. Man meint offensichtlich, man könne jetzt die eigenen Unternehmen, die eigenen Wirtschaftsbetriebe zum Teil dahinsiechen lassen – wir versuchen natürlich alles, um das mit Förderungen oder Subventionen aufzufangen, aber im wesentlichen lassen wir es zu, daß aus anderen Regionen dieser Welt Produkte kommen, aus Regionen, in denen andere ökologische Bedingungen herrschen, in denen andere soziale Bedingungen herrschen, in denen diese Produkte mit einem riesigen Aufwand an chemischen Pflanzenschutzmitteln produziert werden, mit einem riesigen verkehrstechnischen Aufwand, was gleichzeitig wieder vermehrte Energiekosten bedeutet, vermehrten CO2-Ausstoß bedeutet –, und dann überlegen wir uns, wie diese Menschen, deren Verschwinden aus den bäuerlichen Betrieben Österreichs wir zugelassen haben, irgendwo anders wieder einen Arbeitsplatz


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