Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 86

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Frau Abgeordnete Bauer ist ganz stolz darauf, daß das Land Niederösterreich so hervorragende Familienarbeit leistet. – Ich frage mich: in welchem Bereich? Ich sehe es nicht als Aufgabe eines Bundeslandes an, daß es, wie beispielsweise das Land Niederösterreich, den Ausfall bei der Familienbeihilfe durch einen Zuschuß zur Familienbeihilfe kompensiert. Das ist nicht die Aufgabe eines Landes, sondern es ist die Aufgabe des Bundes, die Familienbeihilfe so auszustatten, daß sie eine entsprechende Höhe hat, die auch unseren gemeinsamen politischen Grundsätzen entspricht. Wenn das Land Niederösterreich glaubt, einen Zuschuß in der Höhe von 100 S zur Familienbeihilfe leisten zu müssen, dann ist das falsch! Das geht das Land Niederösterreich – mit Verlaub – sehr, sehr wenig an! Das ist die Aufgabe des Bundes! Das Land Niederösterreich hat, wie alle anderen Bundesländer, die Aufgabe, die Erweiterung der Kinderbetreuungseinrichtungen voranzutreiben.

Frau Abgeordnete Bauer ist im Moment nicht da, aber ich erlaube mir eine Bemerkung an ihre Adresse: Ich möchte, daß sie die Zahlen, die sie uns genannt hat, etwas genauer erläutert. Denn es gibt auch andere Antworten: So sagt beispielsweise der Finanzminister, daß mit diesen 600 Millionen insgesamt 10 000 Kindergartenplätze in ganz Österreich geschaffen werden. Da wäre es für mich verwunderlich, daß allein 6 000 Plätze auf Niederösterreich entfallen. Ich möchte das gerne etwas genauer wissen! Ich glaube auch nicht, daß das Land Niederösterreich, wiewohl einiges dort geschehen ist, unbedingt vorbildlich ist, etwa was die Säuglinge und Kleinkinder bis 3 Jahre betrifft. Mir ist einiges auch aus dem Land Niederösterreich bekannt, auch dort gibt es sehr große Defizite.

Über den 98prozentigen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, den das Land Niederösterreich betrieben haben will, wüßte ich auch gerne Näheres. Es kann sich offensichtlich nur um die Einrichtungen für die Zehnjährigen handeln, denn ich glaube nicht, daß Niederösterreich bei den Drei- bis Sechsjährigen schon so weit ist. – Wenn dem doch so wäre, dann brauchen wir über Niederösterreich nicht mehr reden. Aber es bleiben immerhin noch alle anderen Bundesländer: Wien ist vielleicht eine Ausnahme, aber auch hier sind Defizite sichtbar, und vor allem in den ÖVP-Bundesländern weigert man sich nach wie vor, die Kinderbetreuungseinrichtungen so auszubauen, daß sie ganztägig betrieben werden können. Dazu fallen mir vor allem das Land Vorarlberg und das Land Tirol ein.

Meine Damen und Herren! Jetzt bin ich schon beim zentralen Punkt der Familienpolitik in den Bundesländern: Es müssen die Kinderbetreuungseinrichtungen ausgebaut werden, und es gibt auf diesem Gebiet ein bereits jahrelanges Tauziehen zwischen dem Bund und den Ländern, ob das jetzt gemacht wird oder nicht. Es gibt und gab Versuche, das über den Finanzausgleich beziehungsweise über die Kindergartenmilliarde, die dann auf 600 Millionen geschrumpft ist, umzusetzen, und es gibt Erklärungen der Bundespolitiker. Neulich sagte die Frau Frauenministerin, daß dafür eigentlich die Länder zuständig sind.

Das Problem dabei ist, meine Damen und Herren, daß die Betroffenen auf der Strecke bleiben, vor allem die Frauen, die diese Betreuungseinrichtungen brauchen. Insgesamt fehlen in Österreich 140 000 Betreuungsplätze. Darauf sollten Sie alle hier im Hohen Haus eine Antwort geben und sich nicht nur im Weihrauchschwenken üben! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie mit dem Weihrauchspenden in der Familienpolitik aufhören, dann wird Ihnen auch auffallen, daß hinter den Betreuungsschecks etwas mehr steht als nur der Weihrauch. Ich bin überzeugt davon, daß dieses konservative Konzept der Familienpolitik – und das haben Sie, Herr Minister, auch nicht verneint –, wenn es möglicherweise zu dessen Umsetzung kommt – und wir haben einmal eine vorsichtige Anfrage an Sie in dieser Richtung formuliert –, dazu führen müßte, daß die Länder, die Gemeinden ihre Unterstützungen, die Sie derzeit für Kinderbetreuungseinrichtungen geben, reduzieren müßten und daß die Preise für Kinderbetreuungseinrichtungen durch die geringeren Subventionen durch den Staat beziehungsweise die Länder oder Gemeinden steigen würden. Die Betroffenen wären die ärmeren Familien, die nach wie vor in diesem Konzept die DraufzahlerInnen sind, so wie sie es bei der ÖVP-Familienpolitik generell sind. (Abg. Rosemarie Bauer: Distanzieren Sie sich einmal von diesen Vorurteilen! Sie nehmen überhaupt nichts zur Kenntnis!)


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