Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 93

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einen Seite gilt Österreich als Musterland – Sie präsentieren es so –, auf der anderen Seite konstatiert jeder Beobachter der österreichischen Umweltpolitik, daß wir derzeit einen Stillstand, wenn nicht sogar einen Rückgang zu verzeichnen haben.

Zwei Aussagen – die Probe aufs Exempel: Herr Minister! Meine Damen und Herren! Gehen Sie auf die Straße, besuchen Sie Einkaufszentren oder gehen Sie einkaufen. Allein bei diesen zwei Alltagshandlungen werden Sie herausfinden können, ob wir ein Musterland sind oder ob wir auf der Stelle treten und es nicht sogar einen Rückgang gibt. Ganz konkret: Gehen Sie auf die Straße! Sie werden bemerken, daß es mehr Verkehr gibt. Sie wissen: Mehr Verkehr bedeutet mehr Schadstoffe. Die Prognosen für das Jahr 2010 sind erschreckend. Das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat festgestellt, daß wir im Jahr 2010 100 Prozent mehr Güterverkehr, 25 Prozent mehr Fahrzeuge haben und 21 Prozent mehr Kilometer gefahren sein werden. Das bedeutet, daß wir massive Zuwächse bei den Stickoxiden, bei CO2 zu verzeichnen haben werden. – Das sind Gase, die sehr wohl unsere Erdatmosphäre, unser Klima beeinträchtigen und die vor allem auch die Zukunft unserer Kinder sehr in Frage stellen.

Sie wissen, daß der Hauptemittent bei den Stickoxiden der Verkehr ist. Sie wissen auch, daß bei den CO2 -Emissionen der Verkehr zu 30 Prozent Schuld trägt, und Sie wissen genauso, daß wir uns zwar den Zielen von Rio verpflichtet fühlen, unsere Emissionen zu reduzieren, daß wir aber einen im europäischen Vergleich überdurchschnittlichen Zuwachs an Emissionen haben, nämlich 1,5 Prozent. Gerade der Verkehr trägt dafür größtenteils die Schuld, und gerade der Verkehr ist es, der die Luftsanierung im Bereich der Stickoxide und des CO2 immer wieder konterkariert. Konterkariert wird auch das Verkehrsverhalten der Leute. Aufgrund mangelnder Raumordnungsgesetze, fehlender Nahverkehrsfinanzierungsmöglichkeiten werden Jahr für Jahr in Österreich an die hunderttausend Personen weg von den umweltverträglichen Verkehrsarten hin zum Pkw getrieben, weil sie sonst ihre täglichen Bedürfnisse nicht mehr erfüllen können. Jahr für Jahr steigen hunderttausend Menschen in Österreich in den falschen Zug, in einen Zug, der in eine Klimakatastrophe führen kann, der in eine Klimakatastrophe münden wird.

Hier gilt es sehr wohl, im Land selbst und nicht nur international dagegenzusteuern. – Ich komme jetzt auf mein Beispiel zurück: Gehen Sie auf die Straße, und überprüfen Sie das Resultat Ihrer Umweltpolitik! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. )

Das zweite Beispiel betrifft das Einkaufen. Schauen Sie in die Regale, Sie stehen vor einer Flut von Verpackungen. Das, was früher im Glas angeboten worden ist, wird jetzt größtenteils im PET angeboten. Hier haben wir rasante Steigerungsraten von bis zu 20 Prozent. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ist das schlechter?) Das Problem liegt darin, daß nur sehr wenig PET-Anteile recycelt werden. Das ist das Problem. Sein Vorteil ist, daß es leicht ist, aber die Einweggebinde nehmen zu. Bier gibt es zwar noch primär in der Flasche, aber die Aludose rückt der Flasche schon ziemlich zu Leibe. Wir haben eine Steigerung beim Alu-Sortiment zu verzeichnen, und das ist umweltpolitisch sehr bedenklich.

Der Hintergrund ist: Sie selbst und auch Ihre Vorgängerin haben an der Verpackungsverordnung gearbeitet. Ziel war, zu vermeiden, den Produzenten zu belasten und damit die Umstellung zu erzwingen. Die Belastung erfolgte in Groschenhöhe, die Umstellung in die gegenteilige Richtung. Wir haben jetzt mehr Alu, das heißt, die Verpackungsverordnung ist in diesem Bereich in die Binsen gegangen. Der Lenkungseffekt war völlig kontraproduktiv. – Hausgemacht kontraproduktiv, möchte ich betonen!

Zum Schluß noch ein kleiner Hinweis: Das Dilemma Altlastensanierungsfonds hat schon meine Kollegin Langthaler angesprochen. Solange Sie zulassen, daß der Betrag für den Beitrag der Deponien im Altlastenfonds von der BH im Einvernehmen mit den Deponiebetreibern festgesetzt wird, so lange werden sich Ihre Kassen nicht füllen. Sie haben sich auch nicht gefüllt! Zu 50 Prozent liegen sie unter den Erwartungen. Sie haben 50 Prozent weniger eingenommen, als Sie vorhatten. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das stimmt doch nicht, Frau Kollegin!) – Das ist mir von Experten gesagt worden!


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