Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 29

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Ich habe zu Beginn meiner Rede gesagt, daß die Bundesstaatsreform absolut notwendig ist. Ich glaube, daß wir in den eineinhalb Jahren bis zu den Wahlen, die wir noch vor uns haben, unsere Gestaltungskraft nützen müssen, um zielbewußt die nächsten Schritte zu setzen. Der nächste Schritt muß sein, den Konsultationsmechanismus in den nächsten zwölf Wochen abzuschließen und dem Nationalrat vorzulegen. Der übernächste Schritt muß sein, den Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu beschließen. Das heißt, daß die Defizite in den Haushalten der Gemeinden, der Länder und des Bundes begrenzt und kontrolliert werden. Das ist im Sinne der Volkspartei als Partei, die einen finanziellen Stabilitätskurs verfolgt. Der nächste Schritt ist die Umsetzung des Perchtoldsdorfer Abkommens, das heißt, die Übertragung von Kompetenzen an die Länder und die Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit der Länder.

Wenn wir das noch mit einer Beseitigung der zweigleisigen Verwaltung in den Ländern verbinden, dann haben wir eine Bundesstaatsreform bewältigt, die wir heute mit einem bescheidenen, aber wichtigen Schritt beginnen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.40

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Khol, Sie haben gesagt, das sei der erste, wenn auch bescheidene Schritt zur Bundesstaatsreform. – Bescheiden ist er auf jeden Fall, aber ich weiß nicht, ob die Bundesstaatsreform gut beginnt, wenn der Bund in die Verfassungsrechte der Länder eingreift, und ob das speziell Ihrer Tradition, der der Volkspartei, in Föderalismusfragen entspricht. Die Grünen sind jedenfalls damit nicht einverstanden.

Zweitens: Sie haben gesagt, es ginge heute "nur" um die Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes. – Schön wär’s. (Abg. Dr. Khol: Der Länder und des Bundes!) Länder und Bund. Aber es geht eben nicht nur um diese Ermächtigungen, sondern der Gesetzentwurf geht trotz seines Titels weit darüber hinaus. Das ist eine Unsitte, die ich immer wieder hier im Hohen Haus beklage, daß nämlich unter irgendeinem Titel ganz andere Dinge mitverkauft werden. Ich werde dann gleich darauf zurückkommen.

Herr Kollege Khol! Gegen Artikel 1 Abs. 1 wäre ja nichts einzuwenden. Dieser enthält genau das, was Sie angeschnitten haben. Artikel 1 Abs. 2 ist legistisch ein bißchen problematischer, weil da nur von Kosten die Rede ist. Da haben wir die üblichen Terminologieprobleme: Im Bundeshaushaltsrecht beziehungsweise in der Geschäftsordnung ist zum Teil von "Ausgaben", von "finanziellen Auswirkungen" – jedenfalls terminologisch von ganz anderen Dingen – die Rede, die mit "Kosten" nicht identisch sind. Was der Konsultationsmechanismus eigentlich bedeutet, werden wir erst sehen. Davon gibt es bereits die x-te Variante. Ich stimme Ihnen dahin gehend zu, daß einige der schlimmsten Dinge inzwischen ausgeräumt sind. Nach den ersten Entwürfen wäre ja das parlamentarische Procedere des Bundes völlig auf den Kopf gestellt worden.

Ich stimme Ihnen auch dahin gehend zu, daß die zusätzliche Information, die da generiert werden soll, grundsätzlich zu begrüßen ist. Die Vorarbeiten im Finanzministerium dazu laufen schon seit längerer Zeit. Bei Ihrer Kritik des Vorblattes, Herr Kollege Khol, habe ich mir allerdings gedacht, daß das eine würdige Rede für einen Oppositionspolitiker wäre, denn während der letzten zehn Jahre wurden die Regierungsvorlagen immer noch von SPÖ und ÖVP gemacht. Die unvollständigen, zum Teil unverständlichen Vorblätter liegen zu 50 Prozent in Ihrer Verantwortung. (Abg. Dr. Khol: Ich rüge das immer! Bei den Regierungssitzungen rege ich das immer an!)

Zu Abs. 3 des Artikels 1: Dort wird der innerösterreichische Stabilitätspakt angeschnitten. Es gibt da ein Problem im Zusammenhang mit Artikel 104c des EG-Vertrages; doch über diesen innerösterreichischen Stabilitätspakt ist bis heute absolut nichts bekannt. In bezug auf den Konsultationsmechanismus haben wir verschiedene Entwürfe gesehen. Ich befürchte, daß sich der Bund da in eine unangenehme Ausgangsposition begibt, da er zwar über den Konsultationsmechanismus tendenziell eher Rechte zugunsten der Länder und Gemeinden abgibt, aber die


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