Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 39

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Herr Kollege Haider! Ich möchte Sie jetzt persönlich mit etwas konfrontieren. Ich hatte ursprünglich nicht vor, das zu tun, aber Sie zwingen mich dazu. Ich frage mich nämlich, mit welcher Rechtfertigung Sie eigentlich hier herausgehen und sich hier als großer Moralist aufspielen. Sie sagen, das Gesetz, das heute hier beschlossen werden soll, ist zahnlos. – Ich vermute, Sie kennen das Gesetz gar nicht, Sie haben es sich gar nicht durchgelesen, sonst könnten Sie eine derartige Erklärung nicht abgeben, denn dieses Gesetz stellt gegenüber dem alten Gesetz eine bedeutende Verbesserung in Richtung Objektivierung, eine Weiterentwicklung dar. Es ist daher völlig illegitim, zu sagen, dieses Gesetz sei zahnlos, denn es ist eine substantielle Verbesserung.

Was Ihnen vorschwebt, wenn Sie hier sagen, es sei zahnlos, ist offensichtlich, daß Sie darüber hinaus noch erhöhte Objektivierungen ansetzen wollen und daß Sie daher die Durchsetzung von Parteistandpunkten, von Standpunkten, die nicht objektiv sein könnten, verhindern wollen.

Ich möchte etwas zitieren, was Sie selbst zu diesem Thema erklärt haben, und zwar zur Frage: Bestellung in Führungsfunktionen, Ausübung von Führungsfunktionen, Demokratieverständnis in Führungsfunktionen. Das läßt sich nämlich mit dem, was Sie heute hier gesagt haben, überhaupt nicht in Einklang bringen. Sie haben am 9. September 1991 – im "profil" nachlesbar – erklärt: "Ich werde ein einheitliches Erscheinungsbild in der ganzen Partei durchsetzen. Das ist eine Führungsaufgabe, die noch zu erledigen ist." – Zitatende.

Sie werden also ein einheitliches Erscheinungsbild durchsetzen, das ist die Führungsaufgabe. – Sie haben auch einmal erklärt: "Die heutige Form des Zusammenlebens ist denaturiert. Das ist kein Ideal im nationalen Sinn." Zitat Haider bitte! "Partnerschaft besteht aus einem führenden und dem dienenden Teil. So ist das." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Jemand, der das gesagt hat, stellt sich heute hier heraus und spricht einem Gesetzentwurf, der – da kann man sagen, was man will – eine Weiterentwicklung, eine signifikante Verbesserung darstellt, die Berechtigung ab. Da frage ich mich natürlich: Wie ernst kann ich das nehmen, was von dieser Person argumentiert wird? Wie ernst muß ich das nehmen? Ich meine – das ist an und für sich natürlich kein Punkt für die Demokratie, und es ist auch für dieses Haus nicht gut –, daß man letztlich vieles von dem, was Sie, Herr Dr. Haider, hier gesagt haben, einfach nicht mehr ernst nehmen kann, und zwar auch deswegen nicht, weil man nicht weiß, ob das, was Sie heute sagen, auch morgen tatsächlich noch gültig ist.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit gar nicht darauf hinweisen – vielleicht komme ich zum Schluß, wenn mir Zeit bleibt, noch einmal darauf zu sprechen –, welche unglaublichen Entgleisungen Sie sich eigentlich geleistet haben. Das ist besonders bemerkenswert im Zusammenhang damit, daß Sie immer sagen, die Freiheitliche Partei sei frei von jedem Makel.

Ich denke etwa an diesen leidigen Vertrag, den Sie damals in Klagenfurt abgeschlossen haben, als die Möglichkeit bestand, daß die Freiheitliche Partei Funktionen besetzen könnte. Da wurden schon Posten aufgeteilt, bevor überhaupt die Bestellung erfolgt ist, meine Damen und Herren, unter absoluter Mißachtung der am Vorgang Beteiligten. Da wurde erklärt: Wir möchten diese Positionen und jene Positionen haben, und es wurde festgeschrieben, was Sie alles haben wollten.

Daß Sie, Herr Dr. Haider, der Sie zu vertreten haben, daß zum Beispiel der Herr Gaugg die Wiedereinstellung in einer Bank verlangt, obwohl er überhaupt nicht in der Lage ist, dort eine Funktion auszuüben (Abg. Mag. Trattner: Wie können Sie das beurteilen?!), und daß er sich dann noch darüber beschwert, daß er den Betrag von 60 000 S, um den es damals gegangen ist, nicht bekommen hat, daß Sie so etwas machen, ist nahezu unglaublich!

Oder: Es gibt die Einrichtung Ihres Sozialfonds, in den die sogenannten arbeitslosen Einkommen einbezahlt werden sollen, die dann unter freiheitlichen Abgeordneten "umverteilt werden". Aber Sie sagen, die 60 000-S-Regelung wird erfüllt. Ich kann dazu nur sagen: Ich finde das erschütternd!


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