Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 62

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tierte Maßnahmen die reale Gefahr, das Problem der steigenden Armut und zunehmenden sozialen Ausgrenzung, auch in Österreich in den Hintergrund gedrängt wird, daß die Mittelaufbringung für in der EU herzeigbare Leistungen im Bereich aktiver Arbeitsmarktpolitik durch weitere Kürzungen der Arbeitslosenversicherungsleistungen erfolgen könnte, daß bislang in Österreich nicht umsetzbare Maßnahmen mit dem Verweis auf die EU-Beschlüsse nun doch rascher und schärfer zur Umsetzung gelangen, etwa Arbeitszwang ohne nachhaltige Beschäftigungsmöglichkeiten.

Trotz der offensichtlichen Defizite der EU-Sozial- und Beschäftigungspolitik bezeichnet die österreichische Bundesregierung sowohl den Amsterdamer Vertrag als auch den Luxemburger Beschäftigungsgipfel als großen politischen Erfolg, der nicht zuletzt auf ihre eigene aktive EU-Politik zurückzuführen sei.

Obwohl wiederholt hervorgehoben wird, wie gut die heimische Beschäftigungslage im internationalen Vergleich sei, besteht tatsächlich großer Anpassungsbedarf in sämtlichen in den Luxemburger Leitlinien angeführten Bereichen, insbesondere jedoch bei der Zahl der durch aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen geförderten Personen. Den ersten Aussagen Bundeskanzler Klimas zufolge besteht hingegen seitens Österreichs keine Absicht, bei den für die noch zu detaillierenden Aktionen notwendigen zusätzlichen Mitteln bedeutende Umschichtungen vorzunehmen. Die ersten Stellungnahmen von Politikern der Regierungsfraktionen waren vielmehr darauf ausgerichtet, den Eindruck zu vermitteln, daß Österreich bezüglich der in Luxemburg vereinbarten beschäftigungspolitischen Leitlinien nur geringen Nachholbedarf hätte und dazu keine bis wenige zusätzliche Finanzmittel aufgebracht werden müßten. Ganz gegenteilig äußerten sich dazu jedoch bereits einige Experten. Der Arbeitsmarktexperte des IHS, Dr. Pichelmann, meinte unter anderem, Österreich müsse sich bei der Erstellung des nationalen Aktionsplanes gehörig anstrengen und eine deutliche Mittelsteigerung vornehmen, um das Luxemburger Ziel, insbesondere bei den aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, zu erreichen.

Österreich hat in den letzten Jahren nicht nur keinerlei Anstrengungen unternommen um die Mittel für aktive Arbeitslosenversicherung zu erhöhen, es wurden vielmehr massiv Mittel aus dem Bereich Arbeitslosenversicherung für die Finanzierung der Pensionen umgeschichtet. Dies obwohl Österreich im OECD-Vergleich bei den Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik an vorletzter Stelle liegt. Die Entnahmen werden sich für den Zeitraum seit der Ausgliederung des AMS bis Ende 1999 auf über 25 Milliarden summieren.

Der Leiter des AMS selbst stellt fest, daß die Leistungen nur unter folgenden Bedingungen aufrechterhalten werden könnten: keine Steigerung der Arbeitslosigkeit, gleichbleibendes Beschäftigungsniveau und keine Änderungen im Arbeitslosenrecht. Schon jetzt ist klar, daß diese Bedingungen nicht erfüllbar sind. Wenn auch die EU-Quote konstant bleibt, so ist durch die Registerarbeitslosigkeit nach wie vor ein Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr erkennbar. Die im Rahmen der Pensionsreform beschlossenen Maßnahmen wie Bildungskarenz, Freistellung und Solidaritätsprämienmodell stellen eine Erweiterung des Leistungskataloges des AMS dar, für das keine zusätzliche Vorsorge (geschätzte Höhe 1,6 Milliarden) getroffen wurde. Alleine der zusätzliche Jugendschwerpunkt kostet etwa 1,4 Milliarden, die ebenfalls nicht separat dotiert wurden und eindeutig zu Lasten anderer Zielgruppen und bestehender Maßnahmen gehen. So sind beispielsweise in Oberösterreich bereits konkrete Auswirkungen dieser nicht ausreichenden Dotierung bei zusätzlichen Maßnahmen klar absehbar.

Zahlreiche Ausbildungsprojekte werden geschlossen beziehungsweise massiv gekürzt, um die erforderlichen 300 Millionen für das Jugendbeschäftigungsprogramm aufbringen zu können. Betroffen davon werden etwa 400 Ausbildungs- und Arbeitsplätze sein.

In einigen Bundesländern mußten offensichtlich bereits für 1997 die vorgesehenen Budgets überschritten werden, was zu einer zusätzlichen Verschärfung im nächsten Jahr führen wird.

Hier werden Zielgruppen von Beschäftigungsmaßnahmen brutal gegeneinander ausgespielt, was sich beispielsweise drastisch im Anstieg der älteren Arbeitslosen zeigt. So ist etwa die Zahl


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