Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 67

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kenntnis zu einer Vollbeschäftigungspolitik zu hören und auch zur Verantwortung des nationalen Gesetzgebers beziehungsweise der Exekutive für diese Politik.

Es gab dann vor wenigen Wochen einen Beschäftigungsgipfel in Luxemburg, auf dem zwar keine EU-weite Koordinierung beschlossen, aber sehr wohl festgelegt wurde, daß die einzelnen Länder nationale Beschäftigungsprogramme zu entwickeln haben.

Da es in der Zwischenzeit auch schon einige Ankündigungen von Mitgliedern Ihrer Bundesregierung und einige Positionierungsversuche von Parteien gegeben hat und da nicht sehr viel Zeit bleibt, um die Fragen eines nationalen Beschäftigungsprogrammes zum Gegenstand einer politischen Erörterung zu machen, weil im Frühjahr 1998 schon die Antworten präsent sein müssen und weil das Jahr 1998 für uns auch innenpolitisch für die Festlegung der Schwerpunkte nicht nur der Arbeitsmarktpolitik, sondern auch der Beschäftigungspolitik ein zentrales Jahr ist – das werde ich dann noch im Detail zu erläutern versuchen –, haben wir diese Dringliche Anfrage an Sie gerichtet, Herr Bundeskanzler. Denn es gibt da einige Vorfälle – nicht zuletzt im Zusammenhang auch mit der Budgetdebatte, die wir hier in diesem Haus hatten –, die uns beunruhigen. Zum Beispiel: Woher sollen die Mittel für diese Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik kommen? Woher wollen Sie diese Mittel nehmen, wenn nicht von denen, die jetzt in der Arbeitslosigkeit sind?

Das beunruhigt uns, Herr Bundeskanzler, und hat dazu geführt, daß wir diese Dringliche Anfrage an Sie gestellt haben, denn wir rechnen damit, daß hier einiges passieren wird oder passieren könnte und weil einiges zum Beispiel schon morgen in diesem Haus beschlossen werden wird, von dem wir überzeugt sind, daß es mehr Risken mit sich bringt, als es Probleme lösen kann.

Herr Bundeskanzler! Wir haben die Angst, daß dieser Versuch, einen nationalen Beschäftigungsplan, ein mittelfristiges Beschäftigungsprogramm zu erstellen, dazu führen könnte, daß zunächst einmal die kurzfristigen Ziele in der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik vergessen werden. Und diese Angst ist nicht unbegründet, wenn man zum Beispiel die Zahlen auf dem Arbeitsmarkt ansieht.

Es ist derzeit so, daß es eine Zunahme der Arbeitslosigkeit bei den über 50jährigen um mehr als 17 Prozent gibt, bei den über 55jährigen – nicht nach Geschlecht differenziert – gibt es eine Zunahme um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr, bei den über 60jährigen Männern eine Zunahme der Arbeitslosigkeit um 40 Prozent und bei den über 55- bis 60jährigen Frauen um 35 Prozent.

Das sind Zahlen, Herr Bundeskanzler, die beunruhigend sind, und diese Zahlen sind erklärbar, weil – nach unserer Vermutung, aber dafür gibt es auch andere Anhaltspunkte – die Arbeitsmarktpolitik in diesem Jahr ganz eindeutig darauf ausgerichtet war, die relativ kostspieligen, aber durchaus auch sinnvollen – würde ich meinen, auch wenn das genauer betrachtet werden müßte – Lehrlings- und Jugendbeschäftigungsprogramme zu finanzieren. Dagegen gibt es überhaupt nichts zu sagen, das Problem mit der Finanzierung ist allerdings, daß das Arbeitsmarktservice keine Mittel hat, weil es diese zur Finanzierung der Pensionen verwendet hat und weil die möglichen Mittel, die nicht nur 1997, sondern auch schon 1996 im Budget zur Verfügung gestanden hätten, für anderes ausgegeben wurden.

Ich habe Ihnen bei den diesbezüglichen Debatten die Zahlen genannt, und ich nenne sie Ihnen gerne noch einmal, damit man sieht, welche Spielräume für eine aktive Arbeitsmarkt- und auch Beschäftigungspolitik bereits vergeben wurden. 1995 wurden 870 Millionen Schilling aus dem Budget der Arbeitslosenversicherung transferiert, 1996 wurden 4,9 Milliarden Schilling zur Sicherung der Pensionen transferiert, 1997 wurden 4,9 Milliarden Schilling zur Sicherung der Pensionen transferiert und 1998 werden es 7,2 Milliarden Schilling sein, die transferiert werden, und auch 1999 werden rund 8 Milliarden Schilling zur Sicherung der Pensionen transferiert werden.

Ich brauche Ihnen nicht vorzurechnen, daß man mit diesen Summen – rund 25 Milliarden Schilling in fünf Jahren – nicht nur wesentlich mehr an aktiver Arbeitsmarktpolitik finanzieren, sondern auch Beschäftigungspolitik betreiben könnte, Programme entwickeln könnte für Bereiche,


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