Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 89

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Welche Maßnahmen wurden gesetzt? Und wurde wirklich alles versucht? Herr Abgeordneter Verzetnitsch sagt ja, ich sage nein. (Abg. Verzetnitsch: Ich habe nein gesagt!) Vielleicht war es nicht laut genug. Ich fürchte auch, es ist nicht alles passiert.

Es wurde hier gesagt, wir könnten die Jugendarbeitslosigkeit messen, wir könnten die Zahl derer feststellen, die zum Arbeitsamt gehen und sagen: Ich möchte ... (Abg. Verzetnitsch: Sonst geht es nicht!) Es ginge schon anders, Herr Abgeordneter Verzetnitsch, es ginge schon anders! Wir wissen, daß es auch Möglichkeiten gibt, im Wege von Befragungen festzustellen, wer denn gerne arbeiten würde, aber schon jede Chance schwinden sieht.

Herr Abgeordneter Verzetnisch! Warum sollte zum Beispiel eine Frau, die vielleicht nicht aus einer Stadt in Österreich ist, die irgendwo auf dem Land wohnt, wo es keine öffentliche Verkehrsverbindung gibt, die vielleicht ein oder zwei kleine Kinder hat, die in weiterer Umgebung keinen Kinderbetreuungsplatz findet, schon gar nicht für Kinder unter drei Jahren, die vielleicht auch kein eigenes Kraftfahrzeug hat, weil der Mann den einzigen verfügbaren PKW benützt, zum Arbeitsamt gehen und sagen, daß sie gerne arbeiten möchte, wenn sie weiß, daß sie keine Chance mehr hat? Warum sollte sie sich täglich beim Arbeitsamt frustrieren lassen, wenn ihr gesagt wird, daß sie keine Chance hat? Wer tut sich denn das an? Da muß man ja wirklich eine extrem masochistische Veranlagung haben, um sich das überhaupt noch anzutun.

Wir wissen auch aus parlamentarischen Anfragen der Grünen, daß die Zahl jener Frauen, die aufgrund fehlender ganztägiger Kinderbetreuungsplätze, vor allem für Kleinkinder, keine Arbeit suchen, mindestens 50 000 beträgt. Das weiß auch das Arbeitsmarktservice. Es weiß, daß so Frauen vom Arbeitsmarkt gedrängt werden. Und ich sage: Es gibt Kräfte in diesem Haus, die das wollen! Es gibt ja auch einen Verteidigungsminister, der den Frauen empfiehlt, mehr Kinder zu bekommen, da dies ja die eigentliche Zweckbestimmung der Frauen sei.

Ich frage nur: Was tut die Sozialdemokratie dagegen? Haben Sie wirklich alles getan, um auch einmal die Koalitionsfrage zu stellen, um zu fragen, ob es überhaupt noch die politische Bereitschaft gibt, hier alles in die Waagschale zu werfen? Herr Abgeordneter Verzetnisch, das haben Sie nicht getan! (Beifall bei den Grünen.)

Oder die jungen Leute. Glauben Sie, daß jemand, der vielleicht sogar ein Hochschulstudium abgeschlossen hat, zum Arbeitsamt geht, um sich dort immer wieder eine Abfuhr zu holen?

Ich sage Ihnen, was die jungen Leute tun: Sie jobben irgendwie, vielleicht sogar – und die Leute sprechen das immer offener aus – teilweise an den Steuern, an der Sozialversicherung vorbei, versuchen, sich irgendwie etwas auf die hohe Kante zu legen, weil sie von diesem Staat pro futuro nichts mehr erwarten. Es gibt kein Mindestarbeitslosengeld, es gibt keine Mindestnotstandshilfe, es gibt keine echte Mindestpension in Österreich, ja es gibt nicht einmal Aussagen über die Chancen, die die Jugend in Zukunft haben wird.

Da gibt es durchaus Kräfte, die die Globalisierung förmlich inszenieren. Es wird immer wieder die Rute im Fenster sichtbar, indem gesagt wird: Schaut, da gibt es Staaten, die noch viel weniger an Sozialpolitik haben. Umweltstandards haben diese erst recht nicht. Da können wir ja nicht aufbauen! Die Globalisierung wird inszeniert, um den Sozialabbau voranzutreiben, um Druck auf Löhne zu machen, um Druck auf Frauen zu machen, daß sie gar nicht mehr zu den Arbeitsämtern gehen.

Ich sage Ihnen eines: Wir haben in Österreich eine unterdurchschnittliche Frauenbeschäftigung im Vergleich mit fortschrittlichen Staaten, wie etwa Skandinavien. Wir haben in Österreich immer noch ein früheres reales Pensionseintrittsalter als im europäischen Durchschnitt. Das geht sich hinten und vorne nicht mehr aus! Wir müssen die Arbeit umverteilen. Ich sage gerne dazu: Wir sollen gleichzeitig auch beim Geld umverteilen, und zwar in den obersten Etagen nicht mit vollem Lohnausgleich, aber unten muß noch etwas dazukommen.

Wenn Sie nicht diese Antworten geben, wenn wir immer nur Luftblasen von uns geben und sagen, wir sollen uns nach Möglichkeit anstrengen, dann kommt das heraus, was jetzt in Oberösterreich passiert: Zwölf Ausbildungsplätze, Arbeitsplätze für arbeitslose Frauen werden – und


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