Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 88

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einer Beantwortung durch den Herrn Bundeskanzler erhofft. Sie sind – wie immer – ausgeblieben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.35

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz vorweg zu den Ausführungen meines Vorredners: Herr Kollege Kier, ich gebe Ihnen absolut recht, daß es nicht nur um die Frage geht, wie Vollzeitarbeitsverhältnisse herstellbar und förderbar sind, sondern es geht einerseits um die Frage, was Vollzeitarbeit bedeutet und was mit einer Arbeitszeitverkürzung ist. Es geht aber auch um die Frage der Vereinbarkeit von Arbeitseinkünften und Sozialleistungen.

Ich bin überzeugt davon, daß ein Gespräch zwischen uns oder zwischen Ihnen und Kollegen Öllinger sehr schnell zu gemeinsamen Bestrebungen führen könnte. Aber das, was Karl Öllinger hier warnend vorgebracht hat, hat schon einen sehr harten Hintergrund. Denn wenn der Vizekanzler dieser Republik – also nicht irgendwer – im Hauptausschuß sagt, man müsse doch zumindest vorübergehend über eine Beschäftigung unter Kollektivvertrag nachdenken, dann sind, so meine ich, die Warnungen vor Beschäftigungsverhältnissen, in die Menschen gedrängt werden, von deren Einkünften sie aber nicht mehr leben können, kein Hirngespinst, sondern eine drohende, vielleicht schon bald eintretende Realität in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Noch eine Vorbemerkung, ein Wort zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Tichy-Schreder. Frau Abgeordnete! Wenn die Regierungsparteien klagen, wir hätten zuwenig Zeit zu Grundsatzdebatten, dann nehme ich Ihnen das nicht ganz ab. Frau Abgeordnete Tichy-Schreder! Wann immer die Opposition einen Anlauf genommen hat, über dieses sehr, sehr ernste Thema zu reden – und da, muß ich sagen, nehme ich wirklich die Bestrebungen vieler Fraktionen ernst, ob es sich um eine Sondersitzung der freiheitlichen Fraktion, eine Dringliche Anfrage der Grünen oder um Vorstöße des Liberalen Forums in Richtung einer Grundsicherung handelt –, habe ich nicht wirklich die Bereitschaft der Regierung gespürt, mit der Opposition ernsthaft über diese Themen zu reden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, so Sie noch ein Ohr für mich finden! (Abg. Tichy-Schreder: Immer!) Ich bin überzeugt davon, ohne das vorher abgestimmt zu haben, daß die Abgeordneten des Liberalen Forums und wohl auch die Abgeordneten der freiheitlichen Fraktion gerne mitgehen werden, wenn wir hier und heute als ein Ergebnis dieser Dringlichen Anfrage einen nationalen Beschäftigungsgipfel planen, um die Frage zu behandeln, wie wir mit den von allen als ernst eingeschätzten Problemen in Zukunft umgehen wollen. Ich lade Sie ein: Machen wir eine Enquete dieses Parlaments! Lassen wir doch so eine Grundsatzdebatte einmal zu, und geben wir ihr den gebührenden Raum! Ich bitte Sie, sich dann auch bei Ihrem Klubobmann oder beim Klubobmann der sozialdemokratischen Fraktion dafür einzusetzen, daß diese permanenten Vorstöße der Opposition nicht andauernd schubladisiert oder abgelegt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn ich das schon als eine Bemühung Ihrerseits werten darf, dann, so meine ich, könnten wir gleich im Rahmen dieser Sitzung auch diesen Antrag auf Abhaltung einer nationalen Beschäftigungsenquete positiv erledigen. Wir von den Grünen sind sicherlich mit dabei.

Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Ich nehme es Ihnen ab, daß Ihnen Fragen der Beschäftigung sehr am Herzen liegen. Ich glaube Ihnen, daß Sie ernsthaft bemüht sind, nicht nur für die schon Arbeitslosen, sondern auch für die Arbeitsuchenden oder vielleicht die gefährdeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Aber ich nehme es Ihnen nicht ab, und die Zahlen sprechen für sich, daß Sie gegenüber Ihrem Koalitionspartner wirklich ernsthaft das Gewicht der stärksten Fraktion in diesem Hause auf die Waagschale geworfen haben, um alles zu tun, daß niemand mehr auf der Straße stehen muß und keine Beschäftigung hat. (Beifall bei den Grünen.)


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