Das sind schon ein paar hinlängliche Gründe dafür, daß wir das noch einmal in aller Ruhe beraten möchten. Außerdem sind in dem Gesetz Dinge enthalten, von denen ich sagen muß: Bemerkenswert! – Aber zunächst möchte ich kurz auf den Kollegen Amon eingehen.
Herr Kollege Amon! Noch im Ausschuß hat Ihr Klubobmann in seiner Eigenschaft als Universitätsprofessor ausdrücklich gesagt, er möchte das Wort "Sekten" in diesem Zusammenhang nicht verwendet wissen, weil es historisch belastet ist. Und er hat damit nicht ganz unrecht, denn das Wort "Sekten" hat tatsächlich seine eigene Geschichte. Ich erinnere an Zeiten, in denen unter der Überschrift "Sekten" Leute auch zu Tode gebracht wurden. (Abg. Amon: Das war eine sehr böse Unterstellung!) Daher ist das Wort "Sekten" tatsächlich nicht ganz unbelastet. Nur: Das, was wir gemeinsam meinen, worüber durchaus auch wir beunruhigt sind, nämlich was da teilweise an Manipulation auch gegenüber Kindern und gegenüber Leuten geschieht, die sich leicht abhängig machen lassen, das bekommen Sie mit diesem Gesetz nicht in den Griff! Darüber waren wir uns im Ausschuß auch alle einig. Dafür ist dieses Gesetz absolut ungeeignet. Absolut ungeeignet! (Beifall beim Liberalen Forum.)
Wenn Sie hier von diesem Rednerpult aus, offenbar für die Öffentlichkeit bestimmt, jetzt so tun, als ob die ÖVP sozusagen die Fahne im Kampf gegen diese pseudoreligiösen Gruppen, wie Sie sie wörtlich in Ihrer Rede genannt haben, vorantragen würde, dann ist das irreführend, denn die pseudoreligiösen Gruppen, die Sie meinen, kommen nicht im Gewand einer Sekte einher, sondern sie kommen als GesmbH, als Managementinstitut, als Trainingsinstitut (Abg. Amon: Und sie kommen um Anerkennung!), womöglich sogar als eine völlig legale und befugte Einrichtung der Therapie getarnt, und sie verkaufen sozusagen Seelenfrieden. Sie verkaufen Seelenfrieden, sie kaufen sich die Leute ein und pressen sie in ihre Abhängigkeit. Wir wissen das schon, und auch wir sind der Meinung, dagegen sollte etwas geschehen. Aber mit diesem Gesetz werden Sie das nicht bewerkstelligen. Denn Leute, die das vorhaben, was wir alle befürchten, wissen sich zu tarnen – glauben Sie mir das! (Abg. Amon: Sie bekommen keine staatliche Anerkennung!)
Mit diesem Gesetz erwischen Sie die Baptisten, weil diese mit 16 000 Mitgliedern vielleicht ein bißchen ein Problem mit der Mindestanzahl von zwei von tausend haben. Solche Leute erwischen Sie damit! Und das sind hoffentlich auch in Ihrer Welt keine pseudoreligiösen Gruppierungen. Solche erwischen Sie, und das finde ich sehr, sehr schade, denn wir hatten in diesem Land eigentlich seit 1874 eine relativ liberale und relativ tolerante Umgangsweise mit Religionsgemeinschaften. Daher haben wir glücklicherweise in Österreich zum Beispiel den Islam schon anerkannt und ersparen uns die ganze mühselige Diskussion, die es in der Bundesrepublik Deutschland jetzt gibt. Der Islam ist eine der drei großen monotheistischen Weltreligionen. Das wissen Sie genausogut wie ich. Und trotzdem würde ich sagen: Der natürliche Freund des Christentums ist er nicht. (Abg. Amon: Das steht aber nicht zur Diskussion!) – Ja, aber lesen Sie Ihre eigenen Gesetzesintiativen! Laut denen hätten Sie ein bißchen ein Problem. Denn das, was nämlich dort unter Staat und Gesellschaft formuliert ist, diese schwammigen Begriffe ließen sich allemal noch gegen den Islam anwenden – wenn wir wollten. Da gäbe es einiges, was dazu zu sagen wäre.
Darüber hinaus sage ich Ihnen: Sie haben ein paar Dinge in das Gesetz hineingeschrieben, die, wenn man sie durchdenkt, interessante Größenschlüsse zulassen. Zum Beispiel schaffen Sie für die Religionsgemeinschaften der zweiten Klasse, die sogenannten religiösen Bekenntnisgemeinschaften, das Instrument der Aberkennung der Rechtspersönlichkeit, ohne sich mit irgendwelchen Folgen auseinanderzusetzen. Ganz so einfach ist das nämlich nicht! Wenn Sie jemand die Rechtspersönlichkeit entziehen, dann passiert ganz schön was! Der hat nämlich zu diesem Zeitpunkt irgendein Eigentum und irgendwelche Rechte gehabt – jenseits Ihres ordnungspolitischen Anspruchs, diese Rechtspersönlichkeit zu vernichten. Das ist sozusagen Ihr Zugang: Vernichten wir diese bös gewordene Rechtspersönlichkeit! Aber da bleibt ein ungeordneter Trümmerhaufen zurück. Da können Sie dann nicht einmal das Insolvenzrecht anwenden. Das ist der Tod einer Rechtspersönlichkeit, und die Rechtsfolgen sind in diesem Fall nicht geregelt. Das ist Ihnen aber ganz egal, Hauptsache, sie ist dann wieder weg.