Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 126

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soferne sie angefochten sind bei einem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, wird das Verfahren rückwirkend außer Kraft gesetzt werden. Somit fällt das unter das neue Regime, und damit ist es klaglos gestellt im Verhältnis zum Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof. (Abg. Amon: Das wird abgeändert!)

Es mag schon sein, daß Sie jetzt mit einem Abänderungsantrag daherkommen, aber das ist noch einmal unredlich: nicht, daß Sie das jetzt machen, sondern daß Sie uns noch im Ausschuß erklärt haben, das sei zu Ende verhandelt, deshalb gehe es nicht. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist nicht wahr! Das stimmt nicht, was Sie behaupten!) Fein, wenn Sie das machen, da applaudiere ich Ihnen. Das wird aber nichts daran ändern, daß das Gesetz im übrigen gleichheitswidrig, religionsdiskriminierend und teilweise privilegierend ist, merkwürdige, undeutliche Rechtsbegriffe einführt, wie zum Beispiel "im Interesse der Gesellschaft" – ein undeutlicher Rechtsbegriff! (Abg. Amon: Das haben wir ja im Ausschuß abgeändert, Herr Kollege Kier!) Und genau mit diesen Rechtsbegriffen öffnen Sie den sogenannten pseudoreligiösen Gruppen Tür und Tor. Sie schaffen dort Märtyrer. Sie schaffen dort Ausreden. Eine Überschrift in der "Kronen Zeitung" oder sonstwo: "Amon kämpft gegen Sekten", ist Ihnen den Rechtsstaat wert. Und das finde ich schade. Glauben Sie mir das! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Amon: Das ist lächerlich!)

Professor Khol pflegt daher solchen Diskussion nicht mehr so gerne beizuwohnen. (Abg. Amon: Herr Kollege Kier! Bleiben Sie fair!) Das ist auch schade, aber es wird ihm ausgerichtet werden. Er wird dann die ihm eigene Möglichkeit benützen, das vielleicht andernorts falsch zu zitieren oder proportional versetzt. Im Ausschuß hat er jedenfalls ganz anders gesprochen. Kollege Amon, Sie waren dabei.

Ich sage Ihnen noch einmal: Die Unvereinbarkeit der Interessenlage des Kultusamtes mit dem Gesetz wird in dem Fall sehr deutlich. Das Kultusamt hatte im Erstentwurf ursprünglich zum Beispiel 100 als Grenze für die "Religionsgemeinschaften light" vorgesehen. Dann sind Sie draufgekommen, daß 100 eine Zahl ist, die eine einigermaßen seriöse kleine Religionsgemeinschaft schafft. Daraufhin haben Sie sich gedacht: 100 ist zuwenig, machen wir 300. – Wir sind der Meinung, das ist Anlaßgesetzgebung pur, denn wir haben andere Rechtsbereiche, wo wir etwas großzügiger sind, zum Beispiel bei den politischen Parteien.

Sie werden zugeben, politische Parteien sind wichtig in der Gesellschaft. Und ein paar schaffen es auch, tatsächlich wahrnehmbar in der Politik gestaltend zu arbeiten. Aber wir haben einige hundert Parteien, weil wir ein sehr liberales Recht haben. Das Hinterlegen, das Veröffentlichen von Satzungen – und die Rechtspersönlichkeit ist da, die politische Partei ist geschaffen! Das ist sehr großzügig. Ich will das jetzt nicht im Detail diskutieren. Aber sind die weniger gefährlich als pseudoreligiöse Gruppen, wenn man so mißtrauisch ist wie Sie, Herr Kollege Amon? Statuten sind schnell veröffentlicht. Und was dann wirklich dahintersteckt, zeigt erst die Wirklichkeit des Lebens. Und da, würde ich meinen, sollte es auch so sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn wir mit politischen Parteien so großzügig umgehen, also sozusagen mit unsereinem, dann sollten wir bei Religionsgemeinschaften nicht so merkwürdig inquisitorisch sein und so tun, als ob man mit den Mitteln des Verwaltungshandelns tatsächlich in die Menschen hineinschauen könnte. Daran glauben Sie. Und wer daran glaubt, daß man mit den Mitteln des Verwaltungshandelns in die Menschen hineinschauen kann, der schrammt – unabsichtlich – drei Millimeter an dem vorbei, was man Inquisition nennt. Glauben Sie mir das! (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum.)

Wer glaubt, daß er mit den Mitteln des Rechtsstaates in das Herz und in das Gewissen schauen kann – und alles andere nützte nämlich nichts im Sinne Ihrer Bekämpfung von pseudoreligiösen Gruppen –, der geht einen sehr gefährlichen Weg. Er geht einen Weg, wo beim Sammeln von Gesinnungsdaten der Datenschutz keine Rolle mehr spielt. Selbst wenn die Wirtschaftskammer sagt, sie habe datenschutzrechtliche Bedenken, ist ihm das Wurscht. Dabei ist die Wirtschaftskammer ja wirklich nicht die Gralshüterin des Datenschutzes von dem Verständnis her, das ich bisher von ihr kenne, aber immerhin ist das auch diesen Leuten zuviel gewesen.


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