Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 127

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Lieber Kollege Amon! Hoffentlich wachen Sie nicht eines Tages auf und sind selbst derjenige, der auf dem Prüfstand der von Ihnen hier geschaffenen Mittel der Inquisition steht. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Antoni. Er hat das Wort.

19.29

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Madl ist im Moment nicht hier. Ich hätte schon gerne zu ihren Aussagen über die Arbeit im Unterausschuß einige Bemerkungen gemacht. Es stimmt, wenn sie sagt, daß offenbar nicht alle Fraktionen die gleichen Informationen hatten. Das aber dem Unterausschuß beziehungsweise dem Vorsitzenden vorzuwerfen, halte ich schlechthin für unfair, denn es war der Herr Vorsitzende, der sich sofort bemüht hat, in der Parlamentsdirektion rückzufragen, wie es denn mit der Verteilung der diversen Stellungnahmen stehe.

Es ist uns auch rasch mitgeteilt worden, daß nachweislich allen Klubs die gleiche Information zugegangen sei. Das kann man nun zur Kenntnis nehmen oder nicht. Kollegin Madl hat es offenbar nicht zur Kenntnis genommen.

Kollegin Madl sagt weiters, daß die Diskussion im Unterausschuß chaotisch war. Also ich habe das nicht so erlebt. Ganz im Gegenteil: Es gab dort eine sachliche, offene, faire Diskussion, etwa in der Art und Weise, wie sie mein Vorredner, Kollege Kier, jetzt geführt hat. Die Kolleginnen und Kollegen von der freiheitlichen Fraktion haben nicht nur einen Antrag der Regierungskoalition mitgetragen, sondern auch dem Gesetzentwurf im Unterausschuß die Zustimmung gegeben, daher verstehe ich überhaupt nicht, warum jetzt plötzlich von dieser Seite der Vorschlag kommt, dieses Gesetz rückzuverweisen.

Aber lassen Sie mich einige kurze grundsätzliche Bemerkungen zur Gesetzesvorlage machen: Ich möchte darauf hinweisen, daß die SPÖ selbstverständlich für Glaubens- und Gewissensfreiheit und für jegliche Freiheit der Religionsausübung steht. Das ist gesetzlich in der Grundrechtsgarantie für jeden Menschen, der in Österreich lebt, abgesichert. Im vorliegenden Gesetzentwurf geht es unseres Erachtens auch nicht darum, wie vielfach behauptet wird, religiöse Gruppierungen zu diskriminieren oder gar ein Zweiklassenreligionsgesetz zu verabschieden, sondern es geht darum, für jene religiösen Bekenntnisgemeinschaften, die bestimmte Kriterien erfüllen, auch einen Rechtsstatus zu schaffen, den sie bisher nicht hatten.

Meine Damen und Herren! Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen – da gebe ich Kollegen Amon schon recht –, daß es heute auch in unserem Staate Gruppierungen gibt, denen es vorrangig nicht um die Vermittlung religiöser Inhalte geht, sondern um wirtschaftliche Interessen; oft auch darum, Menschen psychisch, physisch, sozial und wirtschaftlich in Abhängigkeiten zu führen.

Nun bin ich auch der Auffassung, daß es nicht Aufgabe des Staates ist und auch nicht sein kann, zu bewerten oder zu beurteilen, woran jemand glaubt, was jemand glauben will oder kann. Ich meine aber dennoch, daß es sehr wohl Aufgabe der Politik ist, aufklärend und informativ zu wirken, um Menschen vor diesen Gefahren zu bewahren.

Die sozialdemokratische Fraktion hat sich eingehend mit dieser Materie befaßt. Zahlreiche Gespräche mit Vertretern von Religions- beziehungsweise Glaubensgemeinschaften haben stattgefunden, und ich darf sagen, daß wir bereits im Vorfeld der Diskussion drei für uns besonders wichtige Kriterien einer möglichen Anerkennung formuliert haben. Ich darf diese hier kurz ansprechen.

Es ist absolut unakzeptabel, daß bei der Glaubensvermittlung psychotherapeutische Methoden Anwendung finden. – Das war unser erster Punkt. Der zweite Punkt war, daß der Eintritt in eine religiöse Gemeinschaft, aber auch der Austritt aus einer solchen absolut freiwillig zu erfolgen hat. Der Austritt muß sogar möglich sein, wenn man sich bei der zuständigen Bezirkshaupt


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