Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 138

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Lassen Sie mich daher abschließend feststellen: Der Eindruck, der von Oppositionsseite erweckt wurde, daß wir die Religionsfreiheit einschränken, ist in keiner Weise zutreffend. Durch dieses Gesetz werden Kriterien für jene religiösen Bekenntnisgemeinschaften, die eine staatliche Anerkennung wünschen, festgeschrieben – nicht mehr und nicht weniger. Ich glaube, daß wir damit einer Reihe von Anträgen, die derzeit vorliegen, in durchaus verfassungskonformer Weise Rechnung tragen können, ohne in irgendeiner Form in die Religionsfreiheit einzugreifen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Horngacher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.22

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte in dieser Debatte etwas tiefer gehen, denn wenn über Religionsbekenntnisse gesprochen wird, dann sollte auch über Religion gesprochen werden.

Meine Damen und Herren! Religion ist im Leben vieler Menschen sehr wichtig. Der Mensch spürt, daß hinter allem eine Ordnung stehen muß, das heißt, daß es einen lenkenden Gott geben muß. Religion dient der Wertorientierung im Zusammenleben der Menschen. Gerade die christliche Kirche, die mit ihren zehn Geboten Gottes ganz klar aussagt, daß das erste Gebot die Gottesliebe ist, die sich in der Nächstenliebe ausdrückt, hat durch viele Jahrhunderte vorgegeben, wie wir miteinander umgehen und miteinander leben sollten. Hätten sich die Menschen mehr daran gehalten, dann gäbe es mehr Gerechtigkeit auf dieser Welt! (Beifall bei der ÖVP.)

Grundsätzlich hat jeder Bürger unseres Landes das Recht auf freie Religionsausübung. Österreich hat mehrere staatlich anerkannte Kirchen. Mit dem neuen Gesetz soll nun der Begriff der religiösen Bekenntnisgemeinschaften festgeschrieben werden. Da aber bei manchen Gruppierungen schwer durchschaubar ist, welchem Zweck ihre Gemeinschaft dient, muß bei der Anerkennung folgendes berücksichtigt werden:

Die Religionsgemeinschaft muß ihre Statuten offenlegen – das halte ich für besonders wichtig –, sie muß ihre Zwecke und Ziele sowie die Rechte und Pflichten der Angehörigen darstellen. Die Anerkennung darf nur gewährt werden, wenn sich die Lehre nicht gegen Gesundheit und Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer richtet. Nicht anerkannt werden dürfen solche Gemeinschaften, wenn eine Behinderung der psychischen Entwicklung von Heranwachsenden oder die Anwendung psychotherapeutischer Methoden zum Zwecke der Glaubensvermittlung gegeben ist. Denn es wäre gefährlich, wenn ausgebildete Psychotherapeuten zum Zwecke der Glaubensvermittlung eingesetzt werden dürften.

Den Menschen darf der freie Wille durch nichts genommen werden. Daher ist es wichtig, daß der Austritt bei der Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen kann, und es darf keine finanziellen Gebühren und Hürden wegen des Austrittes geben.

Gerade in einer Zeit, in der wir zunehmend mit der sogenannten Orientierungslosigkeit von jungen Menschen konfrontiert sind, es aber andererseits eine tiefe Sehnsucht nach Sinngebung und eine tiefgründige Diskussion über Werte und einen gewissen Trend zur Bildung neuer Gemeinschaften gibt, müssen wir genau differenzieren. Zum Schutz der jungen Menschen, die irgendwo Halt suchen, muß pseudoreligiösen Gruppierungen, die nur auf wirtschaftlichen Profit ausgerichtet sind, Einhalt geboten werden. Daher wäre es wichtig, den jungen Menschen echte Vorbilder zu geben, denn dann würden die Gurus weniger Zulauf haben.

Das neue Gesetz gibt den Bekenntnisgemeinschaften die Möglichkeit, mehr als nur ein Verein zu sein. Und jenen, die nur auf Geschäftemacherei aus sind oder gegen Menschenrechte verstoßen, muß auch in Zukunft jede Anerkennung versagt bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Abgeordnetem Kier möchte ich jetzt auch einmal etwas sagen: Sie bemängeln immer hauptsächlich das Procedere in den Ausschüssen oder sonstwo, gehen jedoch kaum auf die direkte Thematik ein. Ich habe von Ihnen noch wenig konstruktive Vorschläge gehört. (Beifall bei der


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