Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 12

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Diese Hilfeleistung bei Maßnahmen der Friedenssicherung ist dann nicht mehr – wie das bisher der Fall war, etwa durch das Entsendegesetz – eingeschränkt auf die Teilnahme Österreichs an Aktionen im Rahmen von internationalen Organisationen, im Rahmen der UNO, ist nicht mehr eingeschränkt auf rein defensive Aufgaben der Friedenserhaltung, nein, die jetzt über das Hintertürl der Frauen im Heer eingeführte neue Aufgabe kann bereits eine Offensivaufgabe sein! Man ermöglicht Einsätze österreichischer Heeresangehöriger im Ausland! – Wer die anderen Abkommen, die an diesem Haus vorbeigeschwindelt worden sind, kennt, der weiß, was das bedeuten kann.

Auf Betreiben des Herrn Bundesministers und auch des Außenministers wurde die sicherheitspolitische Verfassung Österreichs und damit auch die Verfassung in der Realität wesentlich verändert. Österreich ist bereits Mitglied im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat, im Euro-Atlantischen Partnerschafts-Militärausschuß, in diversen Untergruppierungen der NATO, aber bisher wurde der Rahmenvertrag mit der NATO über die sogenannte "Partnerschaft für den Frieden" diesem Haus, diesem Parlament und damit der Volksvertretung einfach verweigert.

Meine Damen und Herren! Die ÖVP hat sich immer stark gemacht, wenn die Grünen – was sie immer getan haben und nach wie vor auch tun – für Abrüstung eingetreten sind, für Entmilitarisierung in Österreich, aber auch international. Da haben Sie von der ÖVP verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet, da haben Sie immer reklamiert, daß die bewaffnete Landesverteidigung ein wesentlicher Teil einer umfassenden Landesverteidigung sei. Die Grünen haben Ihnen immer entgegengehalten, daß die heutigen Bedrohungen – wir wissen das – anders aussehen. Wir sind nicht durch den Einmarsch irgendeiner Armee bedroht, aber wir sind bedroht – vielfach bedroht! – in ökologischer Hinsicht, durch Kernkraftwerke und durch andere Umweltgefahren. Wir sind bedroht durch die wachsenden sozialen Spannungen. Wir sind bedroht durch Nationalitätenkonflikte. – All das sind Umstände, die Sie nicht mit Panzern und nicht mit Schießgewehren bekämpfen können, sondern wo Verhandlungsgeschick, Einfühlungsvermögen und eben eine neutrale Position zwischen den Fronten notwendig wären.

Meine Damen und Herren! Sie strapazieren hier immer wieder das Bild vom "Verfassungsbogen". Es scheint jedoch, Herr Klubmann Khol, daß dieser Bogen etwas sehr Biegsames geworden ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben immer die Gefährdung der Verfassung durch die Grünen hervorgehoben. Ich, meine Damen und Herren, sehe eine andere Gefahr für die Verfassung, ich sehe die Gefahr nämlich in Ihrer Fraktion, in diesem Bundesminister. Ich sehe die Gefahr darin, daß dieses Parlament bei jedem neuen Abkommen umgangen wird, daß wesentliche Dokumente diesem Haus überhaupt nicht mehr vorgelegt werden.

In den "Salzburger Nachrichten" etwa war vor wenigen Tagen zu lesen: Husch, husch, unauffällig hinein in die NATO. Wettlauf von Fasslabend und Schüssel um den "Mister NATO". Und einmal mehr: die SPÖ unter Druck einer maroden Rüstungsindustrie. – Ich denke, das beschreibt den Zustand treffend.

Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, haben wesentliche Ressorts, die für das Ansehen Österreichs im Ausland prägenden Charakter haben, einfach preisgegeben. Sie haben das Außenressort und das Verteidigungsressort der ÖVP überlassen und schauen zu, wie diese Neutralität scheibchenweise abgebaut, demontiert, verächtlich gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Heute soll ein weiterer Schritt erfolgen, um offensive Einsätze österreichischer Soldaten im Ausland zu ermöglichen. Ich frage Sie: Was wird noch passieren? Was muß noch passieren, damit Sie dieses Hohe Haus endlich einmal ernst nehmen, damit Sie endlich einmal bereit sind, über die Frage der Landesverteidigung und das, was mit dieser Verfassung noch im Einklang steht, hier zu diskutieren? Wann wird es endlich eine Stimme von seiten der Sozialdemokratie geben, die dieser scheibchenweisen Abschaffung der Neutralität Einhalt gebietet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Es gab einmal das Motto – dem hat sich vor allem die Sozialdemokratie verpflichtet gefühlt –: "Schwerter zu Pflugscharen".


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