Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 16

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Herr Minister Fasslabend! Es ist Ihnen offensichtlich die Meinung, daß Österreich der NATO beitreten soll, nicht zu nehmen, aber arbeiten Sie wenigstens nicht mit falschen Zahlen. In einer APA-Aussendung vom 4. Dezember heißt es, daß Sie die NATO-Beitrittskosten mit einem Mehr von 22 Millionen Schilling beziffern. – NATO-Beitrittskosten mit einem Mehr von 22 Millionen Schilling für Österreich?! (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist nicht viel!) Machen Sie sich damit nicht lächerlich? Das ist der Beitrag für die Kaffeekasse für die Teilnahme an Sitzungen innerhalb der NATO-Staaten, aber nicht die Erhöhung der Gesamtkosten aufgrund veränderter Militärausgaben.

Es bleibt das Problem, daß der Durchschnitt der NATO-Staaten bei 2,4 Prozent des BIP liegt, und das wäre für Österreich ein Mehr von 1,5 Prozentpunkten, nach Adam Riese ungefähr 40 Milliarden Schilling pro Jahr mehr. Selbst wenn Sie an der Untergrenze blieben wie Dänemark und Belgien, würde das ungefähr eine Verdoppelung des Militärhaushaltes bedeuten, das heißt: 20 Milliarden Schilling mehr.

Finnland zum Beispiel, das tatsächlich eine gemeinsame Außengrenze mit Rußland hat, eine Kriegsgeschichte, die erst 50 oder 60 Jahre zurückliegt, sieht in seinem Budgetprogramm vor, daß die Ausgaben für das Militär um rund die Hälfte zurückgehen und sich dann in etwa auf österreichischer Höhe bewegen werden. – Das ist die Einschätzung des Risikos durch einen Staat, der tatsächlich mehr Grund hat als Österreich, sich Sorgen zu machen. Aber Österreich muß sich anscheinend gegen Angriffe durch die Slowakei oder Slowenien schützen, denn das sind die Staaten, die derzeit noch nicht bei der NATO-Osterweiterung dabei sind. Gegen diese "Gefährdung" müssen wir uns durch einen NATO-Beitritt schützen. – Ich halte das für Irrsinn. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei den Grünen.)

9.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Gleiche Redezeit.

9.28

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Bei allem Verständnis für die oppositionelle Sichtweise empfinde ich es doch als etwas übertrieben, wenn Sie dem Herrn Verteidigungsminister in diesem Zusammenhang ein Abgehen von der Neutralität, eine Geheimpolitik oder gar eine Mißachtung der Verfassung vorwerfen. (Abg. Wabl: Das ist aber Kostelka-Originalzitat!)

Herr Bundesminister! Ich möchte Ihren Erklärungen im Ausschuß glauben, wo Sie gesagt haben, daß es Verträge zwischen dem Bundesheer und der NATO, von denen das Parlament nichts weiß, nicht gibt, daß es sich hiebei lediglich um Ressortübereinkommen handelt. Aber dennoch darf ich festhalten, Herr Bundesminister, daß Ihre ständigen Forderungen nach einem NATO-Beitritt einer effizienten und glaubwürdigen Sicherheitspolitik doch etwas abträglich sind. (Beifall des Abg. Mag. Posch. ) Ihre Vorgangsweise und auch Ihr Verhalten erzeugen Mißstimmung, ja sogar Mißtrauen, daher darf man sich nicht wundern, wenn es zu Situationen wie der heutigen kommt.

Ich darf in aller Klarheit festhalten, daß es nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten im Optionenbericht, der bis spätestens Ende März vorliegen muß und den wir im Parlament sehr ausführlich diskutieren werden, keine Entscheidung für einen NATO-Beitritt geben wird (Beifall bei der SPÖ), denn für eine Entscheidung über eine Teilnahme an einem Militärbündnis besteht unseres Erachtens derzeit kein Anlaß und keine Notwendigkeit. Ein militärischer Angriff auf Österreich ist nicht zu erwarten und keine ernstzunehmende sicherheitspolitische Analyse gibt einen Hinweis darauf, daß von irgendeiner Seite in Richtung Österreich eine militärische Aggressionsabsicht besteht.

Für die europäische Sicherheitspolitik wird die NATO natürlich eine sehr wichtige Rolle spielen. Es wird ein hohes Maß an Solidarität und Sicherheit bringen, wenn NATO-Staaten und Nichtmitglieder der NATO im Rahmen der OSZE, der "Partnerschaft für den Frieden" und durch andere Formen der Zusammenarbeit ein Maximum an Vertrauen aufbauen können und so ein enges Netzwerk von Kooperation einen Sicherheitsmechanismus gewährleistet, der weit über die Möglichkeit einer rein militärischen Beistandsverpflichtung hinausgeht.


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