Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 23

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.56

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist schon beeindruckend, wenn eine sogenannte christliche Partei das Wort "Solidarität" in einem Zusammenhang strapaziert, bei dem es darum geht, einem Waffenbündnis beizutreten.

Meine Damen und Herren! Sie können natürlich in aller Öffentlichkeit in jeder Diskussion sagen, dieses Militärbündnis Neu sei ein Friedensbündnis. Mit dem Wort "Frieden" allein werden Sie allerdings keine Änderung herbeiführen, sondern Sie werden nur eine Änderung herbeiführen, wenn das Wort "Solidarität" anders verstanden wird.

Herr Abgeordneter Mock! Sie wissen genau, wie notwendig es ist, daß wir mit unseren Nachbarländern solidarisch sind: mit Ungarn, mit Tschechien, mit der Slowakei, mit Slowenien, mit Kroatien und darüber hinaus mit anderen Ländern, in denen die Armut so groß ist, daß es eine Schande für eine kultivierte Nation ist, dabei zuzusehen. (Beifall bei den Grünen.) Da ist Solidarität das richtige Wort, da ist die Frage der Friedenssicherung die entscheidende Frage.

Und jetzt kommt das ganz rationale, vernünftige Argument: Was gilt es zu stärken, Herr Khol? Gilt es, ein Militärbündnis zu stärken mit dem großartigen Heer, dem unser Herr Fasslabend vorsteht, der am Parlament vorbei schon die NATO vorbereitet? Ist das die Solidarität, daß wir unsere Panzer, unsere Armee, unsere Soldaten eingliedern in einen großen Machtapparat, in einen militärischen Machtapparat, der sich natürlich auch in Wandlung befindet? Diesen Wandel stellt ja kein Mensch in Abrede. Dort sitzen doch auch Menschen, die vernunftbegabt sind. Die Frage ist: Was ist unsere vordringliche Aufgabe, Herr Mock?

Unsere Aufgabe kann es doch nicht sein, die Milliarden, die wir letztens mit Stimmen der ÖVP, mit Stimmen der Liberalen, mit Stimmen der FPÖ und leider auch mit Stimmen der SPÖ beschlossen haben, für Panzer auszugeben. 8 Milliarden Schilling sind hiefür beschlossen worden, und in Zukunft, in den nächsten zehn Jahren verplanen wir zusätzlich 140 Milliarden Schilling für militärisches Gerät, statt daß wir dieses Geld solidarisch einsetzen, Herr Mock: für unsere Nachbarländer, für jene Länder, die im ökologischen und sozialen Bereich darniederliegen und die eine echte Bedrohung für die Sicherheit unserer Welt darstellen!

Was wird denn in Kyoto verhandelt? Doch nicht die fehlenden Rüstungspotentiale, doch nicht die fehlenden Waffenkammern, doch nicht die fehlenden Gelder für die Ausrüstung einer neuen NATO! Nein! Dort wird darüber verhandelt, daß wir uns endlich darauf besinnen sollten, daß wir nur eine Erde haben, auf der Elend und Armut und Verbrechen herrschen. Und dieses Verbrechen wird am wirksamsten bekämpft, wenn wir unsere Gelder, Herr Mock, unsere bescheidenen Gelder, aber doch Gelder, die wir haben, in unserem Land und in den Nachbarländern für eine friedliche Entwicklung einsetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Gegen Atomkraftwerke hilft kein Bundesheer, gegen einen Atom-GAU hilft keine NATO, gegen die soziale Verelendung hilft keine NATO! Da hilft nur, daß wir unsere Mittel gezielt einsetzen. Und das wird immer notwendiger werden, Herr Schieder. Es geht nicht an, daß wir jeden Schilling, den wir haben, jetzt noch, in dieser Zeit noch immer leichtsinnig verplanen. Wir haben geänderte Verhältnisse, Herr Spindelegger, wir haben eine neue Situation nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes, aber diese neue Situation bedeutet auch, daß wir dieses Geld jenen Ländern, die es notwendig für ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung, für ihre ökologische Entwicklung brauchen, nicht vorenthalten dürfen! Es geht nicht an, daß wir jetzt noch neue Möglichkeiten erfinden, um Gelder aus den knappen Budgets herauszunehmen, um damit eine NATO-Kompatibilität herzustellen! Das kann doch nicht das Gebot der Stunde sein! Das ist doch verrückt! Das ist doch Irrsinn! Das ist doch eine Beleidigung der Armen dieser Welt! (Beifall bei den Grünen.)


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