Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 24

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Meine Damen und Herren! Noch ein Satz zu Ihrer neuen Friedensorganisation NATO: Sie sagen immer, das ist ein Bündnis der Demokraten. Wo ist denn die NATO beim Krieg der Türkei gegen die eigene Bevölkerung, wo ganze Dörfer ausradiert werden? Herr Spindelegger, wo ist denn die Solidarität innerhalb der NATO, dort, wo die eigene Bevölkerung dahingemordet wird, wo Kriegseinsätze im eigenen Land und im Nachbarland passieren? Wo ist denn da die demokratische NATO? 

Nur eine friedliche Entwicklung kann dazu beitragen (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), diese Zustände zu ändern, nur internationale Organisationen können dazu beitragen, Herr Schieder, und sich auch mit Erfolg daran beteiligen. Das ist Mitgestalten, das ist Mitentwickeln, das ist solidarisches Handeln ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): ... und nicht das Hineinlegen unserer bescheidenen militärischen Mittel in einen großen militärischen Topf, wobei meines Erachtens nur mehr ein uraltes Konzept herauskommen kann, ein irrationales, ein Uralt-NATO-Projekt, von dem wir uns schleunigst verabschieden sollten. (Beifall bei den Grünen.)

10.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte, Kollege Schieder.

10.02

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Vier Bemerkungen zu dieser Frage:

Erste Bemerkung zu den Äußerungen des Herrn Verteidigungsministers im letzten Jahr, in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit: In aller koalitionären Verbundenheit, aber dennoch sage ich, daß es da viele Äußerungen gegeben hat, die uns nicht gefallen haben, mit denen wir nicht einverstanden sind, an denen wir Kritik geübt haben und an denen wir weiterhin Kritik üben werden, wenn sie weiterhin seitens des Herrn Verteidigungsministers fallen. Das möchte ich in aller freundschaftlichen Offenheit gegenüber Ihnen, Herr Minister, und gegenüber unserem Koalitionspartner zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: Die Antwort, die der Herr Verteidigungsminister heute hier zu diesem Thema gegeben hat, war auf der Basis des Regierungsprogrammes und der Regierungslinie und im Einklang mit den gesetzlichen Normen, die getroffen wurden. Ich stehe nicht an, mit derselben Deutlichkeit wie vorhin zu sagen: In bezug auf das, was Sie heute hier gesagt haben, Herr Minister, verstehen wir uns, sind wir d’accord, mit dieser Antwort sind wir voll zufrieden.

Drittens: Die Bedrohungsbilder, die Sie erwähnt haben und die Begründung, daß Sie für den NATO-Beitritt sind, weil Ihnen die Sicherheit so wichtig ist – das sind Fragen, die natürlich schon noch ausdiskutiert werden müssen. Ich stimme nicht überein mit dieser Kurzanalyse der neuen Bedrohung, auch nicht mit der Sicherheitsanalyse, aber hiezu wird es ja noch den Optionenbericht geben und hierüber wird Anfang nächsten Jahres zu diskutieren sein.

Viertens, die Frage der Solidarität: Ich glaube, wenn man ganz ehrlich ist, ist es nicht so, daß man sagen kann, der NATO-Vertrag bringt keine Solidarität. Es ist aber auch nicht so, daß man sagen kann, nur wer in der NATO ist, übt Solidarität. Was sagt der NATO-Vertrag? – Der NATO-Vertrag bringt in einem Punkt eine Solidarität jedes Mitgliedslandes mit dem anderen bei einem Angriff bis zum Vorliegen eines entsprechenden Beschlusses des UNO-Sicherheitsrates, und er bringt im nächsten Punkt eine Solidarität aller mit jenen – das sind vorwiegend die Amerikaner, aber auch andere –, die Flugzeuge oder Schiffe im Mittelmeer oder nördlich des Wendekreises des Krebses haben und dort angegriffen werden.

Die Solidarität, die Österreich derzeit schon übt, ist eine weitergehende, nämlich eine Solidarität innerhalb Europas, eine Solidarität innerhalb der OSZE und eine Solidarität innerhalb der UNO.


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