Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 51

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zur Abstimmung vorliegt. Was hat es mit einer Berufskarriere von Frauen zu tun, wenn man sich ein Jahr lang militärischem Drill, militärischer Disziplin und militärischem Strafregime freiwillig unterordnen darf – und nach einem Jahr dieses freiwilligen Unterordnens heißt es: Na ja, aber die Möglichkeit, daß man tatsächlich eine Berufslaufbahn fürs gesamte Leben und damit eine Karriere antritt, steht auf einem ganz anderen Blatt?

Herr Bundesminister! Es hat mit der Realität der Benachteiligung von Frauen, wie sie in bestimmten Sektoren der Berufswelt besteht, wirklich nichts zu tun, daß man jetzt ein solches Jahr vorsieht. Ich möchte jene Frauen, die den ehrlichen Wunsch haben, diese einjährige Ausbildung zu absolvieren, überhaupt nicht abwerten. Auch ich habe erstens davon gehört und zweitens oft genug solche Interventionen vorgelegt bekommen. Das ist etwas, was ich schätze und nicht mindern möchte, aber mit Karriere, mit Gleichberechtigung und mit gleichen Berufschancen hat das überhaupt nichts zu tun.

Wenn ich mir vor Augen halte, was jetzt zur Abstimmung vorliegt und was die Basis für alles ist, was später passieren wird, dann frage ich mich wirklich, ob nicht tatsächlich zutrifft, was Herr Brigadier Jung vor ein paar Minuten hier gesagt hat. Hat er nicht tatsächlich recht mit seiner Stellungnahme, die wirklich dem entsprungen ist, was ich habe aufnehmen können über das jahrhundertealte Milieu von machistischem Denken, das in den Armeen und Streitkräften der ganzen Welt entwickelt wurde? Ich frage mich, ob er nicht tatsächlich recht hat mit seiner Kritik, die aus einer ganz anderen Richtung kommt als meine, und ob er nicht wirklich recht hat, wenn er kritisiert, daß die Sache mit der Nachhollaufbahn ungerecht sei. Denn es gibt Unteroffiziere, die sich 15 Jahre lang unterordnen müssen, damit sie in eine Position gelangen. Dann aber kommt der Herr Bundesminister und schafft einen – das sind seine Worte – Schnellsiedekurs von 18 Monaten für Frauen. Da könnten ein paar Männer Gefahr laufen, 15 Jahre zu verlieren, wenn es darum geht, in dieselbe Position zu kommen. (Abg. Scheibner: Das ist eine Frage der Ausbildung!)

Herr Bundesminister! Sie sehen, daß dieses Gesetz zahlreiche Facetten hat. Es kommt immer darauf an, wie man es sieht. Sieht und bewertet man dieses Gesetz aus der Perspektive selbstbewußter Frauen mit einem feministischen Blick, oder sieht man es mit dem Blick eines Militärangehörigen, der den – um jetzt nicht "machistisch" zu sagen – maskulinen Blick eines Heeresgestählten und eine von diesem Milieu stark beeinflußte Meinung hat? – Das Spektrum ist sehr, sehr weit.

Frau Kollegin Apfelbeck hat uns das allerbeste Beispiel dafür gebracht, warum dies so wenig mit Emanzipation und Gleichberechtigung zu tun hat, nämlich das Beispiel mit den Generalinnen aus den USA: Unter 1 918 Generälen gibt es nur elf weibliche. Begründet worden ist das mit Mutterschaft, mit Schwangerschaft und mit dem automatischen Ausscheiden aus der Armee durch solche – unter Anführungszeichen – "Vorkommnisse". Was, bitte schön, hat das irgendwie mit Gleichberechtigung zu tun, wenn jemand, wenn er schwanger wird, die gesamte Berufslaufbahn und überhaupt die Existenzgrundlage verliert? (Abg. Dr. Maitz: Sie verwechseln Amerika mit Österreich!)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich sage Ihnen ganz offen: Seit vielen Jahren sind mir Gleichberechtigung, Chancengleichheit und die Vertretung von Frauen ein ehrliches Anliegen, nicht nur deshalb, weil ich eine Frau bin, sondern auch deswegen, weil ich mich als Volksvertreterin in gewissem Sinn als Lobbyistin für diese zwar zahlenmäßig stärkste, aber doch in vielen Fällen unterlegene Gruppe der österreichischen Bevölkerung sehe.

Aber an dem Tag – ich habe es nicht nachgeprüft und glaube Ihnen unbesehen, Herr Bundesminister –, an dem es sich zum hundertsten Mal jährt, daß die erste weibliche Medizinerin in Österreich promoviert hat, gerade am Jahrestag jenes Ereignisses dieses mickrige, eigentlich Frauen geradezu verspottende Gesetzchen herzunehmen und mit so einem fundamentalen Ereignis wie der Promotion der ersten Frau zum Doktor der gesamten Heilkunde zu vergleichen: Das, Herr Bundesminister, zeigt mir jetzt schon, welchen Horizont Sie bei der Beurteilung von Karrieren, Gleichbehandlung und Emanzipation von Frauen in unserer Gesellschaft heute haben.


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