Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 53

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Auf der anderen Seite kritisiert Abgeordneter Jung, daß es nicht auch für die Frauen die absolute und totale Verpflichtung in allen Bereichen gibt. Wenn man sich die gesamte Oppositionskritik ansieht, auf der einen Seite die Kritik der Freiheitlichen, die sagen, daß alles zuwenig weit gehe und wir bei diesem Bundesgesetz viel zuwenig verpflichtend vorgegangen seien, und auf der anderen Seite die Kritik der Grünen, die sagen, daß alles schlecht sei, weil es viel zu weit gehe, dann liegen wir mit dieser Entscheidung sehr gut in der politischen Mitte. Das ist zweifelsohne eine gute Position, und das entspricht auch der Studie der Landesverteidigungsakademie, in der gesagt wird: Die prinzipielle Vorgangsweise scheint sowohl in militär- wie in gesellschaftspolitischer Hinsicht sinnvoll und empfehlenswert. (Beifall bei der ÖVP.)

12.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr liegt noch eine Wortmeldung von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic vor. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.16

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist erstaunlich, welche Argumente und welche Motive ein ÖVP-Minister in die Debatte einbringt, wenn er hier etwas erreichen will. Man hat und frau hat in dieser Debatte den Eindruck, daß der Verteidigungsminister jetzt zum ersten Streiter des Landes in Sachen Feminismus geworden ist. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Applaus von der ÖVP. Ich hoffe, er setzt sich auch bei Ihnen im Klub soweit durch, daß dort die 50-Prozent-Hürde für die Frauen endlich erreichbar wird.

Der Verteidigungsminister hat Gabriele von Possanner angesprochen und gemeint, jetzt werde es ernst mit der Gleichberechtigung von Frauen im österreichischen Bundesheer. Ich freue mich ja, wenn die feministische Bewegung in Österreich einen weiteren Mitstreiter gewonnen hat, nur habe ich da meine Zweifel, Herr Bundesminister. Ich bin nach diesen Beteuerungen von der Seite der ÖVP wirklich sehr gespannt, wie vor allem die Kolleginnen aus der sozialdemokratischen Fraktion diese Argumente einschätzen und wie sie abstimmen werden oder auch wie Frau Abgeordnete Fekter abstimmen wird, da sie bei diesem Gesetz ebenfalls Bedenken hatte.

Herr Bundesminister! Ich möchte Ihnen meine Zweifel noch einmal offenlegen. Sie haben Gabriele von Possanner angesprochen, eine wirklich imponierende Frau, die sich durchgesetzt und eine akademische Laufbahn geschafft hat. Nur: 100 Jahre danach sieht es mit der Erreichung der feministischen Ziele an den Universitäten traurig aus: keine 5 Prozent weibliche Professoren. Nicht einmal 5 Prozent, Herr Bundesminister! Wenn Sie da die Gleichberechtigung im Heer in leuchtenden Farben ausmalen und uns schon ankündigen, daß nächstes Mal die Generälinnen hier auf der Beamtenbank sitzen werden (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Fischer.  – Abg. Schieder: Generaliter!), dann frage ich Sie, Herr Bundesminister: Warum unterstützen Sie uns in Ihren zahlreichen wichtigen Funktionen und innerhalb der Bundesregierung nicht ein wenig mehr bei der Frauengleichberechtigung an den Universitäten – 100 Jahre nach Gabriele von Possanner?

Herr Bundesminister! Wieso hat gerade Ihre Fraktion den vielen Kürzungen im universitären Bereich, die zu Lasten der Frauen gehen, zugestimmt und sie vorangetrieben? Warum tritt Ihre Fraktion für Studiengebühren ein, von denen Sie wissen, daß sie den Frauenanteil an den Universitäten weiter herabsetzen und die Frage, für wen sich ein Studium lohnt – für den Sohn oder für die Tochter –, wieder verstärkt aktualisieren werden?

Herr Bundesminister! Das ist ein etwas einseitiges Verständnis von Gleichstellung und Gleichberechtigung, wenn Sie Gabriele von Possanner hier als symbolträchtige Figur in die Diskussion einbringen, Ihre Fraktion in diesem Bereich aber genau das Gegenteil tut.

Oder, Herr Bundesminister, ich frage Sie: Welche Fraktion stellt denn den Familienminister, und welche Fraktion hat denn zugestimmt, daß die "Kindergartenmilliarde" zusammengeschmolzen ist? Welche Fraktion hat denn zugestimmt, daß das zweite Karenzjahr de facto halbiert wurde? Da hätte ich mir erwartet, daß der oberste Fürstreiter in Sachen Feminismus auch auf der Seite der Frauen steht. Daß ausgerechnet jetzt, 100 Jahre nachdem eine Frau zur Doktorin der gesamten Heilkunde promoviert hat, die Frauen lernen sollen, mit todbringenden Waffen umzu


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