Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 95

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Der gesamte Finanzbedarf für das Investitionsprogramm des Bundesheeres liegt daher nach Schätzungen von Dienststellen des BMLV bei 100 bis 140 Milliarden Schilling – verteilt auf die nächsten zehn Jahre. Langfristig muß das Landesverteidigungsbudget auf einen europäischen Mindeststandard gebracht werden, wenn Österreich auch seinen Verpflichtungen im Rahmen der internationalen und europäischen Sicherheitskooperationen nachkommen beziehungsweise zu keinem sicherheitspolitischen Trittbrettfahrer werden will. Letztendlich ist der Schutz der Bevölkerung, der Grenzen und der verfassungsmäßigen Organe ein primär durch Österreich selbst zu leistendes Gebot, das derzeit nur völlig unzureichend erfüllt werden kann. So geht das ,MechKonzept‘ derzeit wörtlich von ,einer minimalen Überlebenschance‘ der Panzergrenadiere am Gefechtsfeld aus.

Rationalisierungen bei der Zentralstelle fehlen

Ergänzend zu dieser Problematik hat es das BMLV nicht geschafft, einschneidende Einsparungen durch Zusammenlegung von Verwaltungsebenen der Zentralstelle durchzuführen und die daraus freiwerdenden Mittel zu den Einsatzverbänden umzuschichten beziehungsweise neues Gerät zu beschaffen. Vielfach stecken dahinter auch parteipolitische Interessen, die ein dafür notwendiges dem Militärdienst entsprechendes Dienstrecht verhindern. So sind etwa durch das neue Besoldungsrecht die Kosten für den Personalaufwand 1996 um 900 und 1997 um weitere 300 Millionen Schilling höher zu veranschlagen gewesen. Die neuerliche Steigerung bei sinkenden Bedienstetenzahlen für 1998 wird weitere 230 Millionen Schilling ausmachen. Dies bedeutet mittlerweile einen Anteil von über 67 Prozent Personalkosten im ÖBH gegenüber 31 Prozent in Schwedens Armee (,Kurier‘, 16. November 1996). Dies trägt dazu bei, daß bei der Ausbildung und der Nachbeschaffung von Gerät gespart werden muß beziehungsweise unverantwortbar große Lücken entstehen.

Auch die neuartigen Einsätze im Ausland und der verstärkte Grenzeinsatz haben gezeigt, daß mit den bestehenden Rahmenbedingungen und Ressourcen nur unter Heranziehung der letzten Reserven das Auslangen gefunden werden kann. Viele Friktionen (Materialmangel beziehungsweise Verschleiß und Personalknappheit) sind bereits jetzt evident und werden bei einer weiteren Belastung zum völligen Kollaps führen.

Auch das Konzept VOREIN kann als gescheitert betrachtet werden, da es sowohl zu den versprochenen Nachbeschaffungen auf absehbare Zeit nicht kommen wird, als auch die angepeilten präsenten Verbände nicht aufbietbar sind.

Auch das Ausbildungsniveau droht zu sinken. Durch den neuen Erlaß über die Einschränkungen von fWÜ-Teilnahmen, mit dem eigentlich nur Mißstände beseitigt werden sollten, wurde weit über das gewünschte Ziel hinausgeschossen. Selbst reguläre Aus- und Weiterbildung für fachspezifische Kurse (zum Beispiel Fallschirmsprungkurse von Luftlandeinheiten) werden den Milizsoldaten nur mehr unbezahlt in ihrem Urlaub möglich sein.

Es entsteht der Verdacht, den der Herr Bundesminister auch im Ausschuß nicht glaubhaft widerlegen konnte, daß hier nur deshalb gespart werden soll, weil der laufende Betrieb 1998 nicht mehr finanziert werden kann. Unter anderem auch wegen der Inanspruchnahme des Bundesheeres für Aufgaben im Rahmen des österreichischen EU-Vorsitzes. Dies ist zwar durch das Wehrgesetz (§ 2 Zweck des Bundesheeres) nicht gedeckt, dennoch soll aber die Infrastruktur und das Gerät des ÖBH so in Anspruch genommen werden, daß den mobverantwortlichen Verbänden mit Erlaß in Aussicht gestellt wurde, daß für die meisten von ihnen die planmäßigen Beordertenwaffenübungen für 1998 vermutlich nicht stattfinden werden können.

Die zu diesen Themen gestellten Anfragen der freiheitlichen Nationalratsfraktion (2096/J und 2894/J) wurden, wie sich erst jetzt wieder durch den Bundesvoranschlag bestätigte, vom Bundesminister für Landesverteidigung, Werner Fasslabend, trotz besseren Wissens ebenso falsch beantwortet, wie jene über die persönliche Ausrüstung der österreichischen Soldaten (2896/J). So verfügt bis heute, fast 15 Jahre nach Einleitung des Beschaffungsvorganges, noch immer nicht jeder Soldat der Einsatzorganisation über einen modernen Schutzhelm und eine Splitterschutzweste. Auch die von BM Fasslabend angegebene Zeitleiste dafür wird nicht einzuhalten


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