Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 102

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erleiden, weil noch keine Entscheidung getroffen wurde. Und an anderer Stelle wiederum sagten Sie, es gebe überhaupt keine Eile, wir können auch bis 1999 warten.

Herr Verteidigungsminister! Was stimmt jetzt? Sie haben doch eine Reihe von wissenschaftlichen Instituten in Ihrem Ressort eingerichtet. Was arbeiten diese Leute Ihnen zu? Da müßten doch klare Vorgaben vorhanden sein, aufgrund derer Sie Ihre Entscheidungen treffen könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und da gibt es den Klubobmann Khol, der sich vorhin so aufgeregt hat. Sie, Herr Dr. Khol, waren es doch, der kurz vor der EU-Wahl 1996 hier von diesem Pult aus ein glühendes Bekenntnis zur Neutralität abgelegt hat. Was ist denn das? Ist das eine klare Linie in der Sicherheitspolitik – oder ist das eher eine Wählertäuschung vor den EU-Wahlen gewesen, Herr Klubobmann Khol? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Khol wird das aufklären! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Erst sagte Bundesminister Fasslabend, ein rascher Beitritt sei notwendig, aber vor wenigen Tagen meinten Sie, man könne sich eigentlich Zeit lassen. Wie ist denn das jetzt?

Außenminister Schüssel ist dafür auch verantwortlich. Sie selbst, Herr Verteidigungsminister, haben im Ausschuß gesagt, Sie seien eigentlich gar nicht so sehr verantwortlich für die Sicherheitspolitik, sondern das sei vielmehr der Außenminister, der all diese Abkommen etwa im Rahmen der "Partnerschaft für den Frieden" abgeschlossen habe. Aber auch bei Außenminister Schüssel ist keine klare Linie erkennbar. Er hat gesagt, wir werden doch nicht kopfüber in das "NATO-Bassin" springen; die Frage eines NATO-Beitritts stelle sich nicht. – Jetzt aber plötzlich sagt er: Wir sind klar für einen NATO-Beitritt.

Was ist denn in Ihrer Partei eigentlich los, Herr Verteidigungsminister? Wo sind denn die klaren Perspektiven, die notwendig wären, um eine klare Entscheidung zu treffen?

Ich sage Ihnen ganz deutlich, Herr Verteidigungsminister, auch den werten Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion: Sicherheitspolitik kann keine Frage der Ideologie oder der Parteipolitik sein! Sicherheitspolitik ist Mittel zum Zweck, und wir brauchen keine rote, keine grüne, keine gelbe oder blaue Sicherheitspolitik, sondern eine, durch die Unabhängigkeit und Freiheit unseres Landes bestmöglich gewährleistet wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da wären Sie als Regierung mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat gefordert, endlich diese Optionen dem Parlament vorzulegen, mit der Bevölkerung in eine Debatte über diese Optionen einzutreten und möglichst rasch und klar die Entscheidungen, in welche Richtung es gehen soll, zu treffen.

Da kann man auch ganz objektiv zwei Möglichkeiten feststellen: entweder gemeinsam mit anderen Staaten in einem Bündnis Sicherheit für alle und damit auch für Österreich zu organisieren oder alleine, auf uns gestellt, unsere militärische Landesverteidigung so aufzubauen, daß wir uns selbst gegen jeden möglichen und potentiellen Gegner der Zukunft (Zwischenruf des Abg. Wabl )  – der nicht wahrscheinlich ist, aber auch nicht auszuschließen ist, Kollege Wabl – zur Wehr setzen können. Dazu gäbe es die Möglichkeit der Bündnisfreiheit, wie das etwa Finnland oder auch Schweden zumindest für die nächste Zeit statuieren, und das wäre theoretisch die Neutralität. Vor allem die Sozialdemokraten sagen, die Neutralität habe diese Funktion für Österreich in der Zukunft; man werde daher die Neutralität beachten.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Aber was ist denn die Funktion der immerwährenden Neutralität heute noch? Welche Funktion kann eine ernstgenommene völkerrechtliche Neutralität für einen Staat, der sich mitten in Europa befindet, denn noch haben? Sie können diese Neutralität nicht selbst definieren, denn sie ist ein völkerrechtliches Instrument. Wir haben unser Neutralitätsgesetz auf der Basis der Schweizer Neutralität abgeschlossen, so wie das im Moskauer Memorandum die Sowjetunion von Österreich gefordert hat. Österreich hat ja nicht ganz so freiwillig diese Neutralität gewählt (Abg. Schieder: "Auf der Basis" stimmt nicht!), sondern sie war damals Mittel zum Zweck, Herr Kollege. Ich kann es Ihnen auch vorlesen!


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