Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 136

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Ich finde es weder gut noch zweckmäßig, daß man versucht, von außen scheinbar eine Debatte zu inszenieren und die innenpolitische Debatte unter Druck setzen zu wollen, weil das wegführt von der eigentlichen Entscheidung, nämlich daß das österreichische Volk, das österreichische Parlament und die österreichische Bundesregierung weiterhin souverän bestimmen werden, mit wem, zu welchen Bedingungen, mit welchen Instrumenten und mit welchem Anteil an unserem Bruttoinlandsprodukt Österreich seine Sicherheit sicherstellen und gewährleisten wollen wird. Das ist in erster Linie eine österreichische Entscheidung. Nebelschwaden in Gang zu setzen, daß die einen oder anderen uns schon scheel anschauen, hilft uns in dieser Debatte nicht weiter.

Was aber hilfreich wäre, ist, die sicherheitspolitische Debatte nicht zu verengen und zu sagen, es geht jetzt nur darum, wann wir endlich in die NATO hineingehen, weil das doch wirklich das einzige ist. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Ich glaube, man sollte die Debatte offen führen, und wir führen diese Debatte offen und sagen ganz offen (Abg. Scheibner: Ihr habt heute in der Früh die NATO ausgeschlossen!) – Herr Kollege Scheibner, ich habe nur fünf Minuten Zeit, sei so geduldig und lasse mich aussprechen –: Es gibt seit den Madrider Entscheidungen eine Entwicklung der NATO, die in einzelnen Bereichen positiv, in anderer Richtung meiner Meinung nach nicht so positiv ist.

Der Nordatlantische Partnerschaftsrat ist positiv. Es sind die erweiterten Möglichkeiten der "Partnerschaft für den Frieden" positiv. Aber ich melde Skepsis bei denjenigen an, die ein europäisches Sicherheitssystem wollen, daß die europäische Komponente in Madrid nicht sehr stark zum Durchbruch gekommen ist. (Abg. Scheibner: Die Europäer sind schuld!) Die Österreicher alleine werden auch nicht das Schwergewicht der Amerikaner in die andere Richtung bringen. Das werden Sie doch selbst nicht glauben, Kollege Scheibner! (Abg. Scheibner: Die Europäer sind schuld!)

Es hat sich herausgestellt, daß Europa dort im wesentlichen die zweite Geige spielt, und wenn das der Fall ist, kann man die NATO nicht als ein europäisches Sicherheitssystem verkaufen.

Vierter Punkt – auch diese Frage muß man sich anschauen –: Ist es sinnvoll, mit dem Kurs der fortgesetzten Osterweiterung der NATO die nächsten zehn Jahre in einem Spannungsverhältnis mit Rußland zu leben? Ist es sinnvoll, daß es bei jedem einzelnen Land Osteuropas eine Debatte gibt, ob seine Aufnahme als Bedrohung für die russische Sicherheit empfunden wird, ja oder nein? – Ich stelle die Frage, ob das für eine stabile Entwicklung Europas sinnvoll ist.

Wenn man sich nur diese vier Punkte ansieht, dann glaube ich nicht, daß man sich einfach hier herstellen kann und alles, was in der NATO passiert – einer hat sich heute dazu verstiegen und gesagt, das seien lauter einwandfreie Demokratien, aber da hätte ich in bezug auf die Türkei auch meine Einschränkungen anzubringen –, immer als glorreich und den einzigen Weg verteidigen kann. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )  Mir scheint diese Debatte außerordentlich undifferenziert zu sein.

Herr Kollege Stadler! Ein Redner Ihrer Fraktion hat gesagt, Österreich erhalte den Vorwurf, daß wir uns dauernd nur die Rosinen heraussuchen. Ich würde sagen: Erinnern Sie sich an die Argumentation, die Sie beim EU-Beitritt vorgetragen haben, als Sie dauernd gesagt hat: Österreich zahlt zuviel, Österreich leistet zu große Beiträge!, und in Wirklichkeit haben Sie die Rosinenpickerstrategie vertreten. Jetzt aber sagen Sie, Österreich sei ein "Trittbrettfahrer". – Ich glaube, so ist eine Debatte nicht seriös zu führen.

Ich halte es aber auch nicht für sinnvoll – das sage ich in aller Freundschaft dem Kollegen Spindelegger –, jedem, der einen anderen Vorschlag vertritt, wie das unser Freund Toni Gaál gemacht hat, gleich zu unterstellen, daß es an Kompetenz mangle. Ich glaube nicht, daß das eine zivilisierte Form der Debatte ist, immer nur dort Kompetenz anzusiedeln, wo man seine eigene Position findet.

Darüber hinaus sage ich auch: Auch wenn es keine gesetzliche Grundlage dafür gibt, daß der Herr Verteidigungsminister die Verträge dem Parlament vorlegen muß, würde ich schon Wert darauf legen, daß es gerade in einer entscheidenden Frage wie der Zukunft der österreichi


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