Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 173

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Mißachtung und Verletzung verfassungsrechtlicher Grundlagen beziehungsweise von Grundwerten, wie es sie in Deutschland gibt. Bedauerlicherweise ist es auch dem deutschen Bundestag nicht gelungen, das EUROPOL-Übereinkommen zu verhindern. Österreich tut das zwar in der Regel, aber es müßte ja nicht jedes schlechte Beispiel nachahmen.

Keine Kontrollbefugnisse bei einer Institution wie der EUROPOL: Es ist meiner Ansicht nach irgendwie geradezu ein Schwindel in der Darstellung, daß in dem Übereinkommen, das uns schon im Ausschuß vorgelegen ist und über das heute abgestimmt wird, nirgends steht, daß sie operative Befugnisse hat (Abg. Dr. Feurstein  – auf die leeren Sitze der Grünen deutend –: Wo sind die grünen Abgeordneten, Frau Stoisits?) , aber jeder weiß – und Sie, Herr Bundesminister, wissen das viel besser als wir alle, weil Sie bei den Verhandlungen und bei den Ministerräten dabei sind –, daß im Rahmen der Regierungskonferenz diese Mittel schon längst vorgeschlagen worden sind und uns demnächst ins Haus stehen. Daher ist meiner Ansicht nach dieses Mittel so gefährlich, und deshalb lehne ich es aus tiefster Überzeugung ab.

Denn so freischwebende Behörden zuzulassen, die keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegen – weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene durch die Europäische Union und das Europäische Parlament –, das ist eine Beschränkung demokratischer Mindeststandards.

Nunmehr knüpfe ich daran an, was uns im Rahmen der Diskussion über Lauschangriff und Rasterfahndung hier erzählt wurde: daß es selbstverständlich keine personenbezogenen Daten in Datenbanken geben werde. – Es mag sein, daß Ihre Beteuerungen für Österreich zutreffen. Ich kann das jetzt weder abschätzen noch bewerten, hege aber die Befürchtung, daß es nicht so ist. Auf europäischer Ebene aber wird das möglich sein, weil es nämlich ein Ziel der Aufgaben der EUROPOL sein wird, solche neuen, personenbezogenen Daten zu erfassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb ist es eigentlich unglaublich, daß man einer Behörde wie dieser, die sich nicht einmal der EU-Datenschutzrichtlinie unterwirft, diese Möglichkeiten gibt. Dort gibt es überhaupt keine Kontrolle. Alles wird außer Rand und Band geraten. Es steht doch in diesem Übereinkommen und in den Analysen, daß es nicht nur um Daten über Straftäter oder über Verdächtige geht, die analysiert, gesammelt und weitergegeben werden dürfen, sondern auch um Daten über sogenannte Risikogruppen. Auch über potentielle – nicht tatsächliche, sondern potentielle! – Zeugen dürfen Daten gesammelt und weitergegeben werden, selbstverständlich auch über Informanten, Opfer und Kontaktpersonen. Wie steht es da mit den Grundrechten? Was ist mit dem Grundrecht auf Datenschutz, wenn wir solche Übereinkommen schließen?

Herr Bundesminister! Deshalb mein Resümee: Ich lehne die Ratifizierung dieser Konvention ab, denn sie entspricht weder den Grundsätzen der österreichischen Bundesverfassung noch dem, was ich mir an europäischen Mindeststandards im Grundrechtsschutz vorstelle. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Trattner: Kein Beifall bei den Grünen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sind schon heimgegangen, die Grünen!)

20.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Löschnak. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.13

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, daß die Diskussion im Vorlauf zu dieser Debatte und diese Debatte selbst durch Bedenken gekennzeichnet waren und sind, die in erster Linie darauf hinauslaufen, daß Souveränitätsrechte und Grundrechte eingeschränkt werden oder eingeschränkt werden könnten durch dieses Abkommen oder durch nachfolgende Abkommen, die dieses Abkommen ergänzen werden, oder daß datenschutzrechtliche Bestimmungen in Frage gestellt werden oder in Frage gestellt werden könnten, oder – wie zuletzt Frau Abgeordnete Stoisits bemerkte – daß demokratische Mindeststandards herabgesetzt werden oder herabgesetzt werden könnten. Ich bekenne mich dazu, daß solche Bedenken selbstverständlich ernst zu nehmen und voll auszudiskutieren sind.


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