Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 181

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Apparates, um den es geht, selbstverständlich interessensgeleitet argumentieren. Sie aber, Herr Minister, sind sozusagen der politische Beamte im Innenministerium, und Sie haben die Ministerverantwortlichkeit dem Hohen Hause gegenüber – und nicht Ihre Beamtenschaft!

Wenn Sie, Herr Bundesminister, meinen, es werde neuer Rechtsakte bedürfen, so haben Sie nur in einem ganz bestimmten Ausmaß recht: Wenn der externe Handlungskatalog zu erweitern sein wird, wird es neuer Rechtsakte bedürfen. Wenn aber die innere Gestaltung des mächtigsten aller Werkzeuge, nämlich einer Datenhierachie, einer Datensammlung "weicher" Daten, vernetzter Daten ansteht, brauchen Sie keine neuen Rechtsakte mehr, denn da hat die Republik Österreich – trotz Einstimmigkeitsprinzips in der dritten Säule – ihre politische Verantwortung bereits abgegeben. Dort ist das letzte Wort schon gesprochen worden.

Sagen Sie mir doch, wer dieses System kontrollieren wird: Unsere heimische Exekutive wird EUROPOL qualitativ kontrollieren? – Da lachen nicht einmal Sie selbst! Erinnern Sie sich daran, in welchem EDV-Zustand sich Ihr Ministerium und Ihr gesamter Apparat heute noch befindet! Sie können doch nicht erwarten, daß irgend jemand hier im Hause glaubt, daß unsere durchaus tüchtigen, fleißigen Kolleginnen und Kollegen im Innenministerium in der Lage sein werden, das hypernationale Konstrukt EUROPOL qualitativ zu hinterfragen; das werden sie sicherlich nicht können.

Wir haben keine parlamentarische Kontrolle über EUROPOL, wir haben keine begleitende richterliche Kontrolle, und es werden auch die Strafverfolgungsbehörden abgeschafft. Es gibt diesbezüglich auch keine Mitwirkungsmöglichkeit der Staatsanwaltschaft. (Bundesminister Mag. Schlögl: Wir wollen sie aber!) Es wird da ein Konstrukt geschaffen, das in sich selbst so mächtig sein wird, daß es über uns nur lachen wird! Glauben Sie mir das!

Da ich in meinem beruflichen Feld gerade mit solchen Informationssystemen zu tun habe, sage ich Ihnen aus tiefster Überzeugung: Nein, die werden nicht einmal über uns lachen, denn die bauen sich ihre eigene Datenburg.  – Sie werden draußen stehen und nicht mehr hinein können, denn was letztlich in den inneren Strukturen von Datenverarbeitung tatsächlich abläuft, das kennen letztlich nur ganz wenige – und nicht einmal diejenigen, die direkt in der EUROPOL die Verantwortung haben, überblicken das tatsächlich. Da bilden sich Subsysteme von Leuten heraus, wobei die EUROPOL-Beamtenschaft diese Subsysteme nicht einmal im dienstrechtlichen Sinne kontrollieren kann, geschweige denn daß das im richterlichen Sinne geschieht. Da gackern wirklich die Hühner. Sie schaffen die Andockstelle für internationale Kriminalität. Fällt Ihnen das überhaupt nicht auf? – Sie denken offenbar, daß dort nur gute, edle und anständige Menschen arbeiten; daß Menschen nur deswegen dort arbeiten, weil sie einen Eid auf Recht und Ordnung geschworen haben. – Auch diese müssen bitte kontrolliert werden!

Glauben Sie mir: Es wird dort ein derart großes Kapital aufgebaut, das geradezu einen Riesenköder für die internationale Kriminalität darstellt. Es ist ganz leicht, dort Daten anzuzapfen. Dazu braucht man keine Mikrofilme und keinen James Bond mit seiner kleinen Kamera, sondern dazu genügt eine kleine Datenleitung.

All das, was EUROPOL weiß, wissen auch die anderen. Herr Bundesminister, wissen Sie nicht, daß das so ist? Halten Sie die EUROPOL für ein unsinkbares Schiff? Und all das ohne richterliche Kontrolle, ohne demokratische Kontrolle und unter Abschaffung der Strafverfolgungsbehörden!

Wenn sich jemand darüber beunruhigt zeigt, dann geschieht dies, glauben Sie mir, nicht, weil er, wie manche meinen, gegen Recht und Ordnung ist. Gerade der liberale Rechtsstaat lebt davon, daß das Recht zu seinem Recht kommt und daß die Ordnung demokratisch kontrolliert wird. Recht und Ordnung sind teilweise mißbrauchte Begriffe, mißbraucht von jenen, die unter Recht und Ordnung Polizeistaat und Abschaffung von Kontrolle verstehen. Wir leben davon, daß wir die Spielregeln einhalten; und wir leben davon, daß bei wir bei der Bekämpfung der Kriminalität selbst nicht womöglich unsere eigenen Rechtsgrundsätze aufgeben. Deswegen sind wir immer um den berühmten einen Schritt langsamer als die Kriminellen, die nicht an diese Spielregeln gebunden sind. Das ist der Preis der Freiheit! Aber deswegen gleich die Verantwortung abzu


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