Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 182

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liefern und sie den Datenverarbeitern zuzuschieben und zu hoffen, daß das gut geht, kommt mir so vor, als ob jemand, wenn irgendwo Gas ausströmt, denkt: Es wird schon niemand mit einer brennenden Zigarette vorbeigehen. – Das ist leichtsinnig!

Es geht hier nicht um den "gläsernen Menschen". Herr Bundesminister, Sie meinen, wir fürchten uns davor, daß es in diesem Fall um die Problematik des "gläsernen Menschen" geht: Hier geht es bereits um den skelettierten Menschen. Sie haben ihn grundrechtlich bis auf das Skelett heruntergefahren. Da sieht man schon durch die Rippen durch. Und Sie merken es noch nicht! (Abg. Tichy-Schreder: Filetiert!) Frau Kollegin Tichy-Schreder meint wahrscheinlich, was ich hier sage, sei zu theatralisch, aber glauben Sie mir: Das ist das eigentliche Problem! All das, was hier gemacht wird, wäre dann erträglich, wenn es begleitend kontrolliert würde, aber es wird nicht begleitend kontrolliert. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Tichy-Schreder: Moralinsauer!) Das ist nicht moralinsauer, Frau Kollegin Tichy-Schreder! Wenn Sie meinen, daß das moralinsauer ist, dann, muß ich sagen, tun Sie mir leid, tut mir Ihre Partei leid und diese Republik auch, denn Sie haben nennenswert das Sagen in dieser Republik. Jemandem, der meint, wenn sich die Liberalen um den Rechtsstaat und um die Grundrechte Sorgen machen, das sei moralinsauer, muß ich sagen: Das gilt vielleicht in Ihrer katholischen Welt, in meiner Welt gilt das nicht. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Puttinger vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.52

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das heute zu beschließende Dokument über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes ist ein bedeutender Schritt für ein sicheres Europa und damit auch für ein noch sichereres Österreich. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin froh darüber, daß dieses Übereinkommen heute vom Parlament beschlossen werden wird, und hoffe, daß auch die anderen Unterzeichnerstaaten – soweit es noch nicht geschehen ist – dieses so rasch wie möglich ratifizieren.

Auf den Inhalt möchte ich jetzt weniger eingehen. Durch die vorgesehene intensive Zusammenarbeit der EU-Staaten wird jedenfalls jeglichen Formen der organisierten Kriminalität der Kampf angesagt. Und das ist wichtig! Dies ist dringlicher denn je! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist eine Tatsache – und ich will nur einige Beispiele aufzählen –, daß in Österreich der Anteil der organisierten Kriminalität schon 30 bis 35 Prozent beträgt. Tatsache ist, daß die organisierte Kriminalität in Osteuropa beängstigende Ausmaße angenommen und seit dem Jahre 1990 bis heute eine zehnfache Steigerung erfahren hat. Im Jahre 1990 gab es 700 organisierte Gruppen, derzeit sind es 8 000. 140 dieser Organisationen operieren im Ausland, 70 davon alleine in Deutschland. In Italien wird gegen 478 Gruppierungen, in den Niederlanden gegen 74, in Belgien gegen 84 Gruppierungen ermittelt; dort sind auch 1 200 Tatverdächtige registriert.

Um diesen bedenklichen europäischen Entwicklungen entgegenzuwirken, wurde die EUROPOL geschaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es reicht bis zum Jahre 1991 zurück, als am 9. Dezember in Maastricht erstmals der Begriff "EUROPOL" genannt wurde. Im Jahre 1993 wurde eine Ministervereinbarung über die Schaffung einer EUROPOL-Drogenstelle getroffen. Ende des Jahres 1994 kam es zu einer Ausweitung des Aufgabengebietes über strahlendes Material, Schlepperkriminalität, Verschiebung von Kraftfahrzeugen, Geldwäscherei, und im Jahre 1996 wurde hier auch der Menschenhandel eingeschlossen. Am 10. März 1995 wurde die EDU, die European Drug Unit, geschaffen.

Ich meine, wir kommen nicht darum herum, eine Institution zu schaffen und zu unterstützen, die all diese Positionen für uns berücksichtigt. (Beifall bei der ÖVP.)


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