Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 105. Sitzung / Seite 46

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Meine Damen und Herren! Im Juli dieses Jahres wurde auf Initiative der Österreichischen Volkspartei im Nationalrat eine Staffelung der Strafen abhängig von der Höhe der Alkoholisierung beschlossen. Dabei wurde der Führerscheinentzug in einer Stufenpyramide wie folgt gestaffelt: bei 0,8 bis 1,2 Promille mindestens 4 Wochen Entzug, bei 1,2 bis 1,6 Promille drei Monate Mindestentzug mit verpflichtender Nachschulung, bei 1,6 Promille und mehr Mindeststrafe von vier Monaten Führerscheinentzug, verkehrspsychologisches Gutachten, Nachschulung und ärztliche Untersuchung. Das war ein wichtiger Meilenstein für eine problemorientierte Verkehrssicherheitspolitik. (Beifall bei der ÖVP.) Heute wird diese Pyramide auf der untersten Stufe erweitert werden. Das zeigt, wie ernst wir dieses Anliegen schon damals genommen haben.

Meine Damen und Herren! Ich kann mit einer Absenkung der Promille-Grenze aus didaktischen und verkehrspsychologischen Gründen gut leben. Ich möchte jedoch vor Illusionen warnen, die offensichtlich manche Abgeordnete in diesem Saal haben, denn in jenen Ländern, in denen die 0,5-Promille-Grenze schon gilt, sind statistisch nachweisbar kaum weniger Verkehrsunfälle passiert oder waren weniger Unfalltote zu verzeichnen als in anderen Ländern, in denen es die 0,8-Promille-Grenze gibt. (Abg. Wabl: Was heißt "kaum"? Wie meinen Sie das?)

Ich verweise auf eine Studie, die aufzeigt, daß Schweden mit der Herabsetzung des Grenzwertes von 0,5 auf 0,2 Promille keine guten Erfahrungen gemacht hat. Die Senkung des Grenzwertes hat das Trink- und Fahrverhalten der Schweden nicht beeinflußt. Das zeigen dortige Untersuchungen.

Auch in Holland wurde mit der Senkung der Promille-Grenze auf 0,5 Promille nicht der erwartete Erfolg verzeichnet. Dort bewirkte das zwar einen kurzfristigen Rückgang der Fahrten unter Alkoholeinfluß, aber nur bis die Autofahrer feststellten, daß die Exekutive nicht in der Lage war, diese Grenze zu kontrollieren, da weder ausreichend Personal noch die entsprechende Ausrüstung vorhanden waren. Die Folge war ein Anstieg auf das alte Niveau ein Jahr später.

Aus diesen Gründen werden nur die Ausschöpfung der behördlichen und gerichtlichen Strafrahmen, eine stärkere Verkehrsüberwachung, massive Alkoholkontrollen, massive Strafsanktionen gegen alkoholisierte Fahrer sowie eine umfassende und verbesserte Aufklärungsarbeit für jugendliche Verkehrsteilnehmer entscheidende Verbesserungen der Verkehrssicherheit mit sich bringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Und darum lehnen Sie unseren Antrag ab?)

Deshalb habe ich auch der Freiheitlichen Partei in der gestrigen Sitzung des Verkehrsausschusses das Angebot gemacht, ihren Antrag in unseren Unterausschuß zu übernehmen, weil viele ihrer Vorschläge richtig und gut sind und daher auch intensiv behandelt werden sollen. Dazu stehen wir; dazu bekennen wir uns auch. Aber solch komplexe Maßnahmen wie die Veränderung der Strafnormen etwa bei gerichtlichen Strafsanktionen können nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden. Deshalb haben wir auch einer Fristsetzung zugestimmt, damit Berichte des Verkehrsministers, des Innenministers und des Justizministers zu dieser Problematik bis Mai nächsten Jahres vorzulegen sind und im Anschluß daran der Unterausschuß sofort zu einem Ergebnis kommen kann.

Meine Damen und Herren! Damit haben wir gezeigt, wie ernst uns diese Sache ist und daß wir auch bereit sind, auf die Vorschläge der Freiheitlichen einzugehen. Wir haben sogar in den Entschließungsantrag, der heute von uns eingebracht werden wird, den Großteil der Vorschläge der Freiheitlichen Partei mitaufgenommen, um ihr zu zeigen, daß es uns um den gemeinsamen Kampf für mehr Verkehrssicherheit geht. Die Freiheitlichen wollen aber wieder eine Sonderrolle spielen: Sie waren nicht bereit, auf unsere Vorschläge einzugehen, und das bedauere ich zutiefst. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Zum Schluß kommend: Das Jugendvolksbegehren gegen Alkohol am Steuer sehe ich grundsätzlich positiv. Es schafft das Bewußtsein, daß Alkohol und Auto fahren so unvereinbar wie Feuer und Wasser sind. Dieses Bewußtsein ist vor allem bei Jugendlichen besonders wichtig. Ich sage folgendes in Richtung jener Leute, die für eine Absenkung der Promille-Grenze eintreten: Trotz der 0,0-Promille-Grenze beim Probeführerschein ist unter den Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren der Anteil der Toten und Verletzten im Straßenverkehr zwei- bis dreimal


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