Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 39

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Ich meine schon, es ist das wichtigste Thema in diesem Land. Ich hätte mir allerdings auch gewünscht, daß hier die Regierung etwas anders mit diesem Thema umgeht, als sie das getan hat. (Abg. Mag. Stadler: Warum spricht der Van der Bellen nicht? Wo ist der Van der Bellen? Wo ist der Van der Bellen?) Es reicht nicht aus, sich nur hier herzustellen und zu sagen, wir sind ohnehin hervorragend.

Ich erinnere daran, daß es der Bundeskanzler – damals noch in seiner Eigenschaft als Finanzminister – war, der gesagt hat: Für 1997 planen wir für das Budget eine Arbeitslosigkeit von 6,8 Prozent ein, und wir hoffen, daß dieses Worst-case-Szenario, also der schlechteste Fall, von 7 Prozent Arbeitslosigkeit nicht erreicht wird. – Wir hatten 7,1 Prozent, meine Damen und Herren!

Wir werden auch in Zukunft steigende Arbeitslosenzahlen haben. Deshalb ist es auch durchaus an der Zeit, zu diesem Thema zu sprechen. Es reicht nicht, Herr Kollege Stummvoll, wenn Sie sagen: Wir haben tolle Exportraten nach Südamerika, nach Nordamerika, eine Steigerung um 20, 30 Prozent. – Ja schön, aber was haben die Arbeitslosen in diesem Land davon?! Was haben sie davon, wenn die Exportraten steigen? (Beifall bei den Grünen.)

Sie sollten diese Steigerung, diese für die Wirtschaft erfreuliche Steigerung durchaus auch zum Anlaß nehmen, meine Damen und Herren, über diese Wirtschaftsordnung nachzudenken.

Welch eine Wirtschaftsordnung haben wir, bei der auf der einen Seite 20 bis 30 Prozent Steigerungsraten in einem wichtigen Wirtschaftssegment erreicht werden können, auf der anderen Seite jedoch die Arbeitslosigkeit nicht zurückgeht, sondern – im Gegenteil! – geradezu gesteigert wird?

Es ist nicht ein Grüner, auch kein Sozialdemokrat, sondern der bundesdeutsche stellvertretende Vorsitzende der Christdemokratischen Partei, Heiner Geißler, gewesen, der gesagt hat, es sei eine perverse Wirtschaftsordnung, wenn die Konzerne Gewinne machen und gleichzeitig Tausende Menschen auf die Straßen setzen. – Und das betrifft auch Österreich, meine Damen und Herren!

Sie sollten also diese Debatte durchaus zum Anlaß nehmen, um auch über diese Wirtschaftsordnung nachzudenken. Denn wir können es uns nicht so einfach machen und nur darüber sprechen, indem wir sagen: Wenn wir irgendwo ein kleines Instrument, ein kleines Rädchen verdrehen, dann wird es schon wieder besser werden. Wenn wir bei den Löhnen weiter runter gehen, dann wird es schon wieder besser werden. – Diese Rezepte aus der Vergangenheit, aus der konservativen Mottenkiste haben nichts gefruchtet! Wenn Sie dieses Thema ernst nehmen, Herr Kollege Khol, dann lassen Sie diese Worte Ihres Parteifreundes Geißler durchaus auch auf sich wirken; sie haben etwas für sich.

Ich möchte aber trotzdem auch in dieser Debatte über die konkreten Fakten sprechen. Konkret hat die Bundesregierung und haben die Regierungsvertreter in dieser Debatte den Eindruck erweckt, es sei ohnehin weitgehend alles bestens; wir sind auf dem besten Weg. Die Bundesregierung spricht von der Beschäftigungsquote – ja, sie ist sehr hoch –, sie spricht aber nicht so gern von der Arbeitslosenquote, die auch niedrig ist – ich gebe es zu –, aber in Österreich als einem der wenigen europäischen Länder steigend ist.

Mich, meine Damen und Herren und Frau Ministerin, beruhigt es überhaupt nicht, daß Sie sagen: Wir haben ohnehin vor, ein Beschäftigungsprogramm zu machen!, sondern mich beunruhigt, wenn ich lese, daß das Sozialministerium zu dieser Arbeitslosigkeitssituation im Jänner mitteilt, daß die Kurve nach oben etwas flacher ausgefallen ist. – Aber die Kurve geht noch immer nach oben. Das ist beunruhigend.

Die Bundesregierung spricht von einer Trendwende in Richtung Vollbeschäftigung. Das ist noch nicht erreicht. Im Gegenteil: Die Trendwende ist in keinem Punkt markiert. Die Bundesregierung spricht von den Maßnahmen, die sie im Bereich aktiver Arbeitsmarktpolitik gesetzt hat. Sie spricht aber nicht davon – und Sie, Frau Ministerin, tun das auch nicht –, daß das Arbeits


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