Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 78

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12.59

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Landwirtschaft! Hohes Haus! (Bundesminister Mag. Molterer: ... und Forstwirtschaft!) Für Land- und Forstwirtschaft, selbstverständlich, Herr Bundesminister! Ich komme ohnehin gleich zu Ihnen. Herr Bundesminister! Was würde mit einem Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft passieren, der seiner Belegschaft zumuten würde, 7 Prozent weniger Lohn in einem Jahr zu bekommen? – Der würde wahrscheinlich bei der nächsten Generalversammlung abgewählt werden. Herr Bundesminister! Sie als oberster Chef der Bauern muten diesen natürlich zu, 7 Prozent weniger Einkommen zu bekommen. Ich weiß schon, daß das nicht alleine Ihr Verschulden ist, aber, Herr Bundesminister, gehen Sie einmal in sich: Sind das wirklich die Rahmenbedingungen, die Sie der österreichischen Landwirtschaft zumuten, die dafür sorgen, daß dieser Einkommensverlust nicht eintritt? – Ich behaupte, nein. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Ein Teilbereich: Die Land- und Forstwirtschaft und das land- und forstwirtschaftliche Einkommen sollten eigentlich nicht aus den Erträgnissen der Urproduktion, dem Getreideanbau, dem Obstanbau, dem Weinanbau, allein resultieren, sondern Sie müßten den Landwirten auch die Möglichkeit geben, daß sie an der Verarbeitung dieser Produkte partizipieren, daß sie neben landwirtschaftlichen Gewinnen auch Gewinne aus der Vermarktung schöpfen. Frau Kollegin Aumayr als unsere Erstrednerin hat schon kurz darauf hingewiesen.

Aber was passiert dort? – Auf dem sogenannten landwirtschaftlichen Verarbeitungssektor, geprägt durch Raiffeisen, werden nicht die Gewinne, die dort erwirtschaftet werden, den Bauern in Form von Ausschüttungen zurückgegeben, sondern sie werden in Dinge investiert, die eigentlich mit der Landwirtschaft und der Sicherung des Erwerbseinkommens gar nichts zu tun haben, Herr Bundesminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber Sie weigern sich beharrlich, das Genossenschaftswesen aus dem vorigen Jahrhundert zu ändern, weil Sie genau wissen, ein modernes Genossenschaftsrecht müßte als Gesellschaftsrecht so konstruiert werden, daß natürlich die Bauern, die quasi Eigentümer ihrer eigenen Verarbeitungsbetriebe sind, in die Lage versetzt werden, aus diesen Erträgnissen auch ein Einkommen zu lukrieren.

Das wäre eine Absicherung des Wirtschaftsstandortes Landwirtschaft an sich, denn, Herr Bundesminister, Landwirtschaft heißt auch, sich im wirtschaftlichen Verkehr zu betätigen. Sie, Herr Bundesminister für Landwirtschaft und Forste, haben eigentlich diesbezüglich kein offenes Ohr. Ich habe, als wir im Justizausschuß diese Materie diskutiert haben, von Ihnen leider gar nichts gehört. Es wäre an sich ein Anliegen, das Sie dem Justizminister vorbringen müßten, daß dieses Genossenschaftsgesetz endlich geändert wird. Aber im Gegenteil: Bundesminister Michalek hat gesagt, es gebe Bereiche im Dunstkreis von Raiffeisen, auch unterstützt durch den Landwirtschaftsminister, die eher auf der Bremse stehen als da wirklich aktiv zu werden. (Abg. Böhacker: Ah, Sie stehen auf der Bremse?!)

Herr Bundesminister! Zu einem zweiten Bereich, der, wie ich meine, heute etwas zu kurz gekommen ist und der auch ein Signal Ihrer wirklich verfehlten Förderpolitik darstellt. Sie haben laut Grünem Bericht Stillegungsprämien beziehungsweise Rodungsprämien für Wein von rund 183 Millionen Schilling ausgewiesen. Für das Weinmarketing, also für die Offensive, geben Sie 82 Millionen Schilling aus. Das heißt, für die sogenannte Defensive, daß jemand Weingärten rodet und mit der Rodung eigentlich seine betriebliche Substanz verliert – ich weiß schon, daß das freiwillig ist, aber allein das Signal ist bezeichnend –, wird mehr ausgegeben als für Marketingmaßnahmen.

Herr Bundesminister! Ich glaube, daß gerade im Vermarktungsbereich in dieser Spezialkultur Wein einiges drinnen wäre. Das ist ein nicht unbedeutender Wirtschaftszweig. Wir haben derzeit die Situation, daß wir mit dem Wein aufgrund geringer Weinernten eigentlich gar nicht auskommen und somit den Inlandskonsumbedarf – trotz 0,5 Promille, trotz eingeschränkten Konsums – nicht wirklich decken können.

Herr Bundesminister! Sie lassen sehenden Auges zu, daß in Weinfachgeschäften bereits 18 Prozent der Flaschen aus Chile, Argentinien, Neuseeland oder Australien angeboten werden, die unseren Wein langsam aus den Regalen verdrängen. Einerseits sagen Sie, die Weinwirt


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