Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 106

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– "beraten" wird) beziehungsweise von Mitgliedern der Bundesregierung auf EU-Ebene konterkariert (Beispiel Befürwortung der EU-Patentierungsrichtlinie durch den Wirtschaftsminister).

Die Grünen unterstützen vor diesem Hintergrund das am heutigen Tag von Vertreter/innen der drei betroffenen Volksbegehren vorgelegte Maßnahmenpaket zum Ausbau der direkten Demokratie in Österreich.

Gentechnik-Volksbegehren

Vom 7. bis 14. April 1997 fand das in Österreich bisher erfolgreichste parteiunabhängige Volksbegehren statt, das von 1 266 551 Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet wurde. Das Volksbegehren richtete sich gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion sowie gegen die Patentierung von Leben.

Aufgrund des großen Erfolges des Gentechnik-Volksbegehrens wurde im Parlament ein eigener Sonderausschuß zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens gebildet. Im Zuge der ersten Ausschußsitzungen zeigte sich sehr rasch die äußerst gentechnikindustriefreundliche Haltung der Österreichischen Volkspartei. So wurde etwa aufgrund des Widerstandes der Volkspartei eine Bindung des Wirtschaftsministers im Hauptausschuß des Nationalrates verhindert, wodurch die dritte Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens ,Kein Patent auf Leben‘ unerfüllt blieb. Österreich stimmte im EU-Ministerrat vom 27. November 1997 für die sogenannte EU-Patentierungsrichtlinie, was einer Ablehnung der Forderung ,Kein Patent auf Leben‘ gleichkommt.

Daraufhin wandten sich die Initiator/inn/en des Gentechnik-Volksbegehrens an die beiden Regierungsparteien mit einer Auflistung von Mindestforderungen betreffend die Änderung des Gentechnikgesetzes hinsichtlich der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen. Sollten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht gewillt sein, diese Mindestforderungen zu erfüllen, sähen sich die Initiator/inn/en gezwungen, den Sonderausschuß zu verlassen, da sichtlich keine Bereitschaft seitens der Regierung besteht, das Gentechnik-Volksbegehren umzusetzen!

In der Folge legte die Fraktion der Sozialdemokraten einen Entwurf für einen Entschließungsantrag vor, der im großen und ganzen diese Mindestforderungen erfüllt hätte. Während der Sitzung des Gentechnik-Sonderausschusses vom 5. Dezember 1997 zur Behandlung des Themenkomplexes ,Freisetzung‘ wurde in einem Hinterraum eine Änderung dieses Entschließungsantrages ausgearbeitet. Interessanterweise war der Hauptverhandler der ÖVP der geschäftsführende Direktor des IMP und Cheflobbyist der Gentechnik-Industrie in Österreich Dr. Nikolaus Zacherl.

So wurde aus dem ursprünglich akzeptablen Entwurf ein Entschließungsantrag, der die Mindestforderungen bei weitem nicht erfüllte und einer Verhöhnung der Initiator/inn/en des Volksbegehrens gleichkommt. Daraufhin gaben die Initiator/inn/en des Volksbegehrens ihren Austritt aus dem Gentechnik-Sonderauschuß bekannt. In der Folge wurde der Entschließungsantrag vom 5. Dezember 1997 wieder zurückgezogen und eine Mutation dieses Antrages in der Sonderausschuß-Sitzung vom 13. Jänner 1998 (der die Initiator/inn/en des Volksbegehrens und die grüne Parlamentsfraktion fernblieben) eingebracht. Doch auch in dieser Neufassung waren die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht imstande, diesen Mindestforderungen nachzukommen. Die ÖVP-Fraktion verstand es ein weiteres Mal, unter der Regie von Dr. Zacherl so unpräzise Formulierungen niederzuschreiben, daß nach wie vor keine umfassende Parteienstellung bei der Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen zugesagt wird.

Die zweite zentrale Forderung der ausgewogenen Zusammensetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse und das damit geforderte gleichberechtigte Nominierungsrecht des Forums österreichischer Wissenschaftler für den Umweltschutz mit jenem der Akademie der Wissenschaften wurde ebenfalls aufgrund des vehementen Druckes der Gen-Lobby nicht erfüllt.

Die Verhinderungstaktik der ÖVP hinsichtlich rascher Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtslücken und der Verbesserungen des Gentechnikgesetzes, die übrigens schon bei den Verhandlungen zur Gentechnik-Enquete 1992 und zum Gentechnikgesetz in den Jahren 1993 und 1994


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