Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 107

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

seitens der Opposition immer wieder vorgebracht wurden, hätte schon beinahe Erfolg gehabt. Der multinationale Konzern Pioneer versuchte – obwohl die Kosumentenschutzministerin Prammer die Gentechnik-Unternehmen ersucht hatte, so lange keine Freisetzungsanträge in Österreich zu stellen, bis die Verhandlungen im Sonderausschuß beendet sind und klare Haftungsbestimmungen vorliegen –, diese für die Gentechnikindustrie rechtlich günstige Situation auszunützen und stellte zu Weihnachten den Antrag auf Freisetzung von gentechnisch veränderten Maispflanzen an zehn Standorten in Österreich. Aufgrund des vehementen Widerstandes der österreichischen Bevölkerung zog die Firma ihren Antrag ,vorerst‘ zurück.

Noch zählt Österreich zu jenen EU-Staaten, wo keine Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen stattgefunden haben. Wenn nicht raschest seitens der politisch Verantwortlichen gehandelt wird, drohen jedoch noch heuer weitere Anträge auf Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich (siehe Ankündigung der Firma Pioneer). Es müssen daher raschest konkrete Maßnahmen verwirklicht werden, damit nicht auch die erste Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens ,Keine Freisetzungen in Österreich‘ unberücksichtigt bleibt.

Frauen-Volksbegehren

Vom 7. bis 14. April 1997 fand das parteiunabhängige Frauen-Volksbegehren statt, das von 645 000 Österreicher/inne/n unterzeichnet wurde. Dadurch wurde eindrucksvoll die – auch von einer großen Anzahl der Österreicher/inne/n empfundene – Notwendigkeit unterstrichen, endlich reale Chancengleichheit für Frauen zu verwirklichen. Zu einer solchen ist es jedoch bis jetzt nicht einmal ansatzweise gekommen. Die zwölf Forderungen, die das Volksbegehren demonstrativ auflistet (und die nur als Anfangsmaßnahmen verstanden werden können), werden nun – mit reichlicher Verspätung – zwar parlamentarisch diskutiert, die Wahrscheinlichkeit, daß es außer Lippenbekenntnissen auch tatsächlich zu Gesetzesänderungen kommt, erscheint jedoch äußerst gering.

Tierschutz-Volksbegehren

Im März 1996 hat eine Plattform mehrerer Tierschutzorganisationen per Volksbegehren ,Ein Recht für Tiere‘ gefordert. 459 096 Österreicher/innen oder 7,96 Prozent der Stimmberechtigten unterstützten mit ihrer Unterschrift die Forderung nach einem Bundestierschutzgesetz. Die wesentlichen Forderungen waren neben einem Bundestierschutzgesetz die Verankerung des Tier- und Umweltschutzes als Rechtsgüter im Verfassungsrang, die Einrichtung einer Tieranwaltschaft und die Förderung des Tierschutzes.

Die Parlamentsfraktionen der Opposition sowie die SPÖ unterstützen diese Forderungen mit entsprechenden Anträgen. Die ÖVP dagegen blockiert das Zustandekommen eines Bundestierschutzgesetzes und argumentiert mit der Möglichkeit einer Vereinheitlichung auf der Länderebene. Für die landwirtschaftliche Nutztierhaltung wurde 1995 eine Vereinbarung nach Artikel 15a B-VG getroffen, wonach bestimmte Mindestanforderungen nicht unterschritten werden dürfen. An dieser Vereinbarung wird seitens der Initiator/inn/en des Volksbegehrens kritisiert, daß dies der kleinste gemeinsame Nenner sei, der zu keinen wesentlichen Verbesserungen im Tierschutz geführt hat. Es ist davon auszugehen, daß Bestimmungen, die über den Mindeststandard der Artikel-15a-Vereinbarung hinausgehen, aus Wettbewerbsgründen unterbleiben werden. Ferner ist diese Vereinbarung nicht ausreichend am Kenntnisstand der Wissenschaft und Technik orientiert. Die Vereinbarung ist ein Vertrag und kann als solcher unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist von jedem Bundesland wieder gekündigt werden. Auch fehlen darin gänzlich Sanktionen, Kontroll- und Vollzugsbestimmungen. Keine der Forderungen des Tierschutz-Volksbegehrens wird darin erfüllt.

Die Bilanz nach fast zwei Jahren ist mehr als ernüchternd: Weder bei der verfassungsrechtlichen Absicherung des Tierschutzes noch bei der Errichtung einer Tieranwaltschaft noch bei den Förderungsmaßnahmen für den Tierschutz wurden Fortschritte erzielt.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite