Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 148

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nehmen. Frau Kollegin Rauch-Kallat hat doch tatsächlich gesagt, wie ernst sie sogar jede einzelne Unterschrift dieser drei parteiunabhängigen Volksbegehren der letzten beiden Jahre nimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, daß Sie jede einzelne Unterschrift eines Volksbegehrens so ernst nehmen. Ich erwarte mir, daß Sie das über den Zeitraum dieser drei Stunden heute nachmittag hinaus auch tatsächlich tun. Vor allem freut es mich, daß die Vorsitzende des Sonderausschusses dies so vehement hier beteuert, denn da könnte – ich bin ja immer optimistisch und dem Prinzip des Vorwärtsschauens eher zugeneigt, als alles pessimistisch zu sehen – noch Bewegung in die Sache kommen.

Der wesentlichste Punkt zur Erklärung des heutigen Nachmittags, einerseits zur Initiative der Grünen in Form dieser Dringlichen Anfrage an den Herrn Bundeskanzler, aber auch anderseits ein bißchen zum Wachrütteln der Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten hier, ist meiner Meinung nach die Frage, was eigentlich – abgesehen vom Inhalt und vom Negieren wesentlicher Forderungen, von inhaltlichen Schwerpunkten, bei denen man in Teilbereichen durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann beziehungsweise auch ist – das Wesentliche ist, wenn es um direkte Demokratie geht.

Gerade Sie, meine Damen und Herren, einschließlich meiner Person, Sie als Volksvertreter und Volksvertreterinnen, reden bei öffentlichen Auftritten so gerne und so viel von der sogenannten Politikverdrossenheit der Menschen in Österreich, davon, daß sich die Menschen ins Privatleben zurückziehen, nicht mehr aktiv sind. Die Parteien klagen darüber, daß ihre Funktionäre und Funktionärinnen nicht motiviert sind.

Meine Damen und Herren! Wundern Sie sich darüber, daß die Menschen in Österreich politikverdrossen werden? – Parteiunabhängige, über allen Parteien stehende Initiativen, die direkt von der Basis, direkt aus der Bevölkerung kommen, die so erfolgreich sind wie das Tierschutz-Volksbegehren, wie das Gentechnik-Volksbegehren und wie das Frauen-Volksbegehren, werden jetzt im übertragenen Sinn mit Füßen getreten, werden von den indirekten Vertretern nicht ernst genommen. Das ist es, was mir Sorge macht.

Frau Kollegin Tichy-Schreder! Daß wir diese verbalen Auseinandersetzungen – und natürlich gehört es zur Demokratie, miteinander zu reden – wollen, das bestreitet ja niemand, das ist klar, deshalb sitzen wir ja hier. Aber, meine Damen und Herren, Frau Kollegin: Jeder einzelne, nicht nur die Proponentinnen und Proponenten, sondern tatsächlich jeder einzelne, der unterschrieben hat, wartet darauf, daß er ernst genommen wird. Ernstgenommen fühlen sich die Unterzeichner aber nur dann, wenn sie auch entsprechende Signale und Hinweise bekommen und konkrete Bemühungen zu einer Umsetzung sehen.

Ich sehe heute immer wieder Frau Mathis auf der Besuchergalerie: Am meisten gefrotzelt in diesem Land werden die Tierschützer. Bei einem Thema wie dem Tierschutz – ach, so lieb –, wo ich meine, daß man sich über alle ideologischen Grenzen hinweg treffen muß, das völlig unpolitisch sein könnte – jetzt karikiere ich mich selbst –, nicht einmal dort, ja dort am allerwenigsten, kommt es zu einer Weiterentwicklung.

Meine Damen und Herren! Ich habe Sorge, daß die Politikverdrossenheit, das Sich-Abwenden von der Politik, die Unzufriedenheit mit den politischen Parteien – selbst mit den kleinen und mit den oppositionellen Parteien – immer größer wird, wenn wir hier im Nationalrat und in den Ausschüssen nicht endlich ein Zeichen setzen, damit sich jene zwei Millionen Menschen, die sich durch ihre Unterschrift – mit Namen, Brief und Siegel – für Anliegen eingesetzt haben, ernstgenommen fühlen. Noch ist es nicht zu spät. Noch sind die Abgeordneten in den Ausschüssen höchst aktiv und rege (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), obwohl die Proponentinnen und Proponenten zum Teil bereits aus Enttäuschung die Ausschüsse verlassen haben. Jetzt gilt es, diese Initiative für direkte Demokratie zu unterstützen. Wir tun dies sogar so ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete, den Schlußsatz, bitte!


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