Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 235

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Anwaltstand stammt und weiblich ist, als einziger per se die Voraussetzungen für diese Position im Verfassungsgerichtshof aufweist. Diese Argumentation können Sie wohl selbst nicht glauben!

Ich habe hingegen den Verdacht, Herr Professor Khol, daß Frau Dr. Kuksco-Stadlmayer bewußt als Ablenkungskandidatin nominiert wurde, damit man sich letztlich auf einen nicht ganz in der Wolle rot eingefärbten, aber doch der Sozialdemokratie nahestehenden Kandidaten einigen kann.

Etwas möchte ich Ihnen noch sagen: Es hat Frau Kollegin Kuksco-Stadlmayer wahrscheinlich den Kopf gekostet, daß sie in ihren Bewerbungsunterlagen von parteipolitischer Distanz gesprochen hat. Denn "parteipolitische Distanz" läßt traditionsgemäß wahrscheinlich Verdachtsmomente in der Sozialdemokratie aufkommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Professor Khol! Sie haben gesagt, daß es sehr wichtig gewesen sei, einen Rechtsanwalt zu bestellen. Ich gebe zu, daß nicht alle sich bewerbenden Rechtsanwälte den Eindruck hinterlassen haben, den man von einem Mitglied des Verfassungsgerichtshofes erwarten würde, aber einer ganz bestimmt – und ich sage das nicht abschließend für alle anderen mit Umkehrschluß –, nämlich Herr Professor Dr. Laurer, ein praktizierender Anwalt, der sich habilitiert hat und Professor an der Wirtschaftsuniversität ist.

Somit komme ich zu dem Ergebnis: Die Sozialdemokratie wollte einen Sozialisten bestellen. Matzka war Ihnen, Herr Dr. Khol, zu prononciert sozialistisch. Daher haben Sie sich auf einen Kompromißkandidaten verstanden. Aber machen Sie bitte die Farce nicht komplett und entwürdigen Sie nicht dieses Hohe Haus, indem Sie jetzt vorspiegeln, daß die Tatsache der freiberuflichen Anwaltschaft Argumentation für Ihre Wahl gewesen sei. Das können Sie doch wohl selbst nicht glauben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Lassen Sie sich bitte von Ihrem Klubobmann – der wortwörtlich gemeint hat: Ich sage Ihnen, wieso ich mich für Dr. Müller entschieden habe! – nicht derart mit dem Nasenring hier herein und zur Abstimmung führen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. Die Redezeit, die Sie noch haben, beträgt 6 Minuten. – Bitte.

0.15

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! In diesem gemeinsamen Antrag, den Ihnen meine Kollegin Stoisits schon vorgelesen hat, steht auch:

"Bei gleicher Qualifikation von mehreren Bewerbern sollte Frauen bei der Ernennung der Vorrang gegeben werden."

Da erhebt sich natürlich die Frage: War diese gleiche Qualifikation gegeben oder nicht?

Wir haben von jenen, die beim Hearing waren, gehört – ich war ja nicht beim Hearing –, daß die Bewerber ausgezeichnet waren, und wir haben auch gehört, daß von der Qualifikation her mehrere Bewerber in Frage gekommen wären. Das allein kann es also nicht gewesen sein! Nach langjähriger Praxis in der Beobachtung dieser gleichen Qualifikation ist man aber stets überrascht, daß immer dann, wenn es um die gleiche Qualifikation geht, noch eine kleine "Zusatzqualifikation" dazukommt. Herr Kollege Kostelka! Sie haben sie genannt: Diesmal war es der "Berufsmix"! Wenn man sich dann aber die Bewerbung unter diesem Aspekt genauer anschaut, dann kann man feststellen, daß diesen Berufsmix mehrere Kandidaten und Kandidatinnen aufgewiesen hätten. Also kann das auch keine Begründung sein!

Herr Kollege Kostelka! Auch die Begründung, daß ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin gesucht wurden, trifft nicht zu, denn das war nicht die Voraussetzung für diese Wahl: Die Voraussetzung war eine bestimmte Qualifikation, und wenn man diesen Antrag und Beschluß, den


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