Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 88

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B) Wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Folgen:

Bei einer genauen Betrachtung der Effekte erhärtet sich der Eindruck, daß die geschilderten Maßnahmen nahezu ausschließlich darauf abzielen, zu Lasten von Erwerbseinkommen aus unselbständiger und bis zu einem gewissen Grad selbständiger Arbeit ein erhöhtes Beitragsaufkommen zu erzielen und damit die Kosten des Faktors Arbeit weiter zu belasten. Der Gedanke, daß Sozialpolitik die BürgerInnen zu schützen hat, ist diesem Gesetzeswerk hingegen völlig fremd. Es erhebt sich mittlerweile vielmehr die Frage, wie die steuerzahlende Bevölkerung noch vor den Auswirkungen dieser Sozialpolitik von SPÖ und ÖVP geschützt werden kann. In öffentlichen Kommentaren der letzten Monate fordern immer mehr Menschen Beitrags- und Steuergerechtigkeit oder rufen als letzten Ausweg geradezu zum ,Auswandern‘ auf.

Nachdem die Ansätze für eine nachhaltige Pensionsreform kaum wahrnehmbar sind und in ihren Auswirkungen bestenfalls erst ab dem Jahre 2015 entlastend wirksam werden, ist das Vertrauen in die Sicherheit der gesetzlichen Versicherung grundsätzlich stark geschwunden. Viele Menschen zweifeln mit Recht, ob sie von der Ausweitung der Sozialversicherungspflicht überhaupt jemals profitieren werden. Eine derartige Abgabenbelastung vor dem Hintergrund eines kollabierenden Pensionssystems könnte nur mehr als totale Sozialsteuer zu Lasten der Arbeitswelt interpretiert werden und reizt die Belastbarkeit des Generationenvertrags in unverantwortlicher Weise aus.

In diesem Klima werden die Pläne des europäischen Beschäftigungsgipfels – wie eine Stärkung des Unternehmergeistes – jedenfalls nicht gedeihen. Auch steht zu befürchten, daß der in Vorbereitung befindliche ,Nationale Beschäftigungsplan‘ angesichts folgender wirtschaftlicher und sozialer Folgen der ,Werkvertragsregelung‘ schwerlich die angestrebten positiven Effekte zeitigen wird. Vielmehr ist zu erwarten:

1. Der Weg in die Selbständigkeit wird erschwert.

2. Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit werden gefördert.

3. Flexiblen Arbeitsformen wird das Wasser abgegraben.

4. Frauen, welche häufig auf flexible Arbeitsformen besonders angewiesen sein können oder nach Karenzzeiten einen gleitenden Wiedereinstieg ins Berufsleben anstreben, werden geradezu aus dem Arbeitsmarkt ferngehalten.

5. Es ist ein massiver Kostenschub zu befürchten, der am Markt in den Preisen nicht untergebracht werden kann.

6. Viele der im europäischen und internationalen Wettbewerb stehenden Anbieter – insbesondere in Dienstleistungsunternehmen – sind in ihrer Existenz schwer gefährdet.

7. Innovative Angebote werden unterbleiben, Investitionen in neue Systeme werden nicht mehr finanzierbar sein.

8. Die Regelung gefährdet insbesondere durch ihre Unverständlichkeit die Rechtssicherheit und das Vertrauen in die öffentliche Ordnung.

9. Durch diese Rechtsunsicherheit, die unverhältnismäßig steigenden Lohnnebenkosten und die damit verbundene Unübersichtlichkeit der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erleidet der Wirtschaftsstandort Österreich schweren Schaden, da jeder – auch ausländische – Investor seine Entscheidungen an den Faktoren Rechtssicherheit und Kosten wesentlich orientiert.

10. Das Gesetz belastet jene am meisten, die es sich am wenigsten leisten können.

11. Dieses Gesetz kostet langfristig mehr, als es kurzfristig bringt.

12. Obwohl die eingehobenen Beiträge übergebührlich hoch sind, werden diese bei vielen Versicherten nur zu marginalen Leistungen (zum Beispiel Pensionsbezug) führen.


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