Aber was ist der tatsächliche Befund? – Nach dem bedeutenden, beachtlichen, ja geradezu peinlichen Chaos, das ursprünglich durch die Werkvertragsregelung ausgelöst wurde, und nach dem Verfassungsgerichtshoferkenntnis, das teilweise zur Reparatur gezwungen und die gröbsten Mißstände beseitigt hat, ist eine neue Taktik angewendet worden. Diese neue Taktik hat im Prinzip darauf abgezielt, unter dem Deckmantel beziehungsweise hinter dem Hitzeschild der Pensionsreformsdiskussion – diese Pensionsreform ist Ihnen ja auch nicht wirklich gelungen; das erwähne ich nur der Vollständigkeit halber – von diesen Problemen abzulenken. In Wirklichkeit hat eine Neuauflage der ursprünglichen Werkvertragsregelung stattgefunden. Sie wurde nur ein bißchen weiterentwickelt.
Und was ist das Ergebnis? – Das ist auch der Grund, warum wir heute diesen Dringlichen Antrag stellen. – Wir befinden uns heute einen Monat nach Ablauf der gesetzlichen Meldefrist für diese unter die Neuregelung fallenden sogenannten Neuen Selbständigen und so weiter. Und was ist der Befund? – Wir haben seinerzeit von der Bundesministerin für Soziales gehört, man rechnet damit, daß rund 250 000 bis 300 000 Menschen betroffen sind und sich daher 250 000 bis 300 000 Betroffene bei den Sozialversicherungsträgern entsprechend melden werden. Die Frist ist abgelaufen, ein Monat ist verstrichen, und wie viele Meldungen liegen vor? – Knapp 6 000! Also nicht 250 000 bis 300 000, wie geschätzt und wie auch wahrscheinlich der Lebenswirklichkeit entsprechend, sondern 6 000 Meldungen liegen vor. Und sogar die Abwicklung dieser 6 000 Meldungen überfordert tendenziell die Sozialversicherungsträger.
Ich weiß aus höchsteigener Erfahrung aus meinem Beruf als Unternehmensberater: Das, was da stattfindet, ist mit dem Wort "Chaos" nur unzutreffend umschrieben. Die Papierflut ist bedeutend und das Ergebnis unbefriedigend. Aber warum ist dieses Ergebnis so wesentlich und letztlich auch die Dringlichkeit dieses Antrages begründend? – Ich wiederhole noch einmal: Einen Monat nach Ablauf der gesetzlichen Frist gibt es nicht die erwarteten 250 000 bis 300 000 Meldungen, sondern nur 6 000 Meldungen!
Das ist das Ergebnis Ihrer Regelungen, von Regelungen, die eine geradezu unfaßbare Negierung der Lebenswirklichkeit darstellen. Man begreift eigentlich erst nach zwei- oder dreifachem Studium dessen, wie in diesem Fall die Lebenswirklichkeit einfach ignoriert worden ist und man gemeint hat, man könne mit irgendwelchen Vorschriften das schon herstellen, was im Leben aber gar nicht stattfindet. Und diese völlige Negierung der Lebenswirklichkeit ist geprägt von wirklich sehr bedauerlichen Elementen. Sie ist geprägt von Vorurteilen, die einen befürchten lassen, daß man geistig in eine Klassenkampfposition zurückgefallen ist, in der ein bestimmtes Menschenbild transportiert wird, wonach die Unternehmer auf jeden Fall böse Menschen und alle anderen jedenfalls hilflose Menschen sind. Weder sind Unternehmer böse Menschen schlechthin (Abg. Rosemarie Bauer: Nur fallweise!), obwohl es natürlich solche – wie überall – gibt, noch sind Dienstnehmer per se hilflos. Ganz im Gegenteil: Dienstnehmer sind nicht hilflos. Sie haben einerseits die Möglichkeit, sich zu organisieren, und andererseits sind sie selbstbewußte und eigenverantwortliche Menschen und in der Lage, sich auch selbst zu artikulieren, wenn nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen. Aber auf den Aspekt, was Sie in diesem Feld angerichtet haben, komme ich noch. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Die gesetzlichen Regelungen sind getragen von der Überlegung: Wenn jemand aus irgendeinem vermeintlich geschützten Bereich heraustritt und selbständig werden will, dann kann das nur ein Scheingeschäft sein, dann kann das nur eine Scheinselbständigkeit sein. Dazu muß ich Ihnen sagen: Die Fassungslosigkeit, die mich betroffen macht, dürfte auch die Fassungslosigkeit der Sozialbürokraten gewesen sein, die es nicht nachvollziehen können, daß Menschen ihre Eigenverantwortung wahrnehmen und sich der Lebenswirklichkeit stellen, indem sie auf die neuen Optionen und Chancen einer sich dramatisch veränderten Arbeitswelt positiv reagieren und nicht verzagt sind, sondern die neuen Möglichkeiten, neue Formen in der Arbeitswelt für sich in Anspruch zu nehmen, aufgreifen, in neuen Formen arbeiten und damit im übrigen tatsächlich auch ihren Beitrag zum Gesamten leisten.
Es wurde von der Bundesregierung bis heute nicht begriffen, daß wir Abschied nehmen müssen von den traditionellen Bildern einer Vollzeitbeschäftigung, und das möglicherweise lebenslänglich im selben Beruf. Das gibt es nicht mehr! Aber das, was Sie hier vorlegen, versucht mit un