tauglichen, bürokratischen und teuren Mitteln, dieses Scheinbild einer heilen Arbeitswelt wiederherzustellen. Und ich sage Ihnen folgendes: Das Ergebnis ist Verdrossenheit und – was noch viel ärger ist – letztlich ein Verfall der Steuer- und Sozialversicherungsmoral, denn Sie zwingen die Menschen in die Schattenwirtschaft. Ich wette mit Ihnen, daß sich unter den – abweichend von der Schätzung – nicht angemeldeten 244 000 bis 294 000 Menschen viele befinden, die sich schweren Herzens, aber ohne jede Wahlfreiheit, in die Schattenwirtschaft bewegt haben.
Wenn ein Gesetz diesen Lenkungseffekt hat, dann ist es nicht nur wirtschafts-, sondern auch sozialpolitisch ein Skandal, denn Sie schaffen damit eine neue Gruppe von – Anführungszeichen – "Illegalen" – Ausführungszeichen. Sie haben das im Fremdenrecht schon einmal gemacht – das war ein Fehler! –, und wenn Sie das hier wieder machen, machen Sie neuerlich einen Fehler, denn die einzige Form, mit der Sie offenbar auf dieses Phänomen zu reagieren gedenken, sind neue Maßnahmen zur Bekämpfung des Pfusches. Sie müßten jedoch die Ursachen des Pfusches beseitigen (Beifall beim Liberalen Forum), um die Legitimation zu haben, den Pfusch auch tatsächlich zu bekämpfen, denn selbstverständlich gefällt Pfusch auch den Liberalen nicht. Wir finden nicht, daß es gut ist, wenn Menschen in der Schattenwirtschaft arbeiten, aber wir verstehen, daß, wenn Sie den Menschen keine Wahlfreiheit lassen, ihnen gar nichts anderes übrigbleibt. Sie schaffen damit eine neue Form von Illegalität. (Abg. Dr. Khol: Wo ist denn der Peter? Wo ist denn Ihr Wirtschaftssprecher Peter? Ist er auch beim Pfuschen?)
Herr Klubobmann Khol! Wenn Sie die Höflichkeit hätten, mich nicht zu unterbrechen, würde ich meine Meinung über Sie ein klein wenig zum Positiven revidieren. (Abg. Dr. Khol: Wo ist der Kollege Peter und Ihre halbe Fraktion?) Fragen Sie ihn selbst! Würden Sie bitte Platz nehmen! (Abg. Dr. Khol: Für die ist der Antrag nicht dringlich!) Herr Kollege Khol! Er ist für meine Kollegen in der Fraktion dringlich, und die numerische Anwesenheit ist in diesem Fall kein Hinweis auf die Dringlichkeit (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), denn das ist ein ausgearbeitetes und ausdiskutiertes Papier. Im Unterschied zu Ihrer Fraktion findet bei uns in der Klubsitzung nämlich keine Befehlsausgabe statt, sondern dort werden die Sachen erarbeitet. Daher weiß ich mich im Einklang mit meiner gesamten Fraktion. Das ist ein Unterschied! Verstehen Sie das? (Beifall beim Liberalen Forum.)
Aber wer in der heilen Welt der dogmatischen Befehlsausgaben lebt, kann das nicht leicht nachvollziehen. Dafür habe ich Verständnis. (Abg. Dr. Khol: Ich habe eine andere Erklärung: Ihren Leuten ist auch fad, wenn Sie reden!) Herr Kollege Khol, ersparen Sie mir, daß ich Ihre Ausführungen mit dem Wort "Amen" quittiere! Ersparen Sie mir das! (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum.)
Also dieser Abschied von der traditionellen Arbeitswelt wird von der Sozialbürokratie nicht begriffen und nicht nachvollzogen. Und das ist auch kein Wunder: Die Akteure sind von diesem Phänomen nicht betroffen. Die Akteure, die das bei den Sozialversicherungsträgern ausarbeiten, haben im Regelfall eine Vollzeitbeschäftigung, und zwar im Regelfall annähernd auf die Lebenszeit, in der sie aktiv sind. Die müssen sich nicht in flexible Verhältnisse begeben. Wenn man aber durch die eigene Wirklichkeit so sehr den Blick auf die Realität im Leben verliert, dann, so meine ich, hat man den Anspruch verloren, die anderen Menschen zu bevormunden. Man hat ihn an und für sich nicht, aber wenn man ihn im Verständnis einer aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bemutterungsphilosophie der Sozialversicherung für sich selbst erhebt, dann verliert man ihn spätestens dann, wenn man nicht einmal mehr weiß, was wirklich in der Arbeitswelt passiert.
Ich meine – ich muß das deutlich sagen –, daß in diesem Falle leider auch die Gewerkschaften versagen, weil sie sich zunehmend auf diejenigen konzentrieren, die ohnedies in Beschäftigungsverhältnissen stehen, und nicht begreifen, daß, wenn sie Bedingungen aufstellen, wie man in Beschäftigungsverhältnisse kommen kann, die nur den alten Mustern entsprechen, immer mehr Leute draußen sein werden, weil sie sich gar nicht mehr organisieren lassen. Und das finde ich schade, denn ich bin der Meinung und möchte das von dieser Stelle aus sagen: Wir würden heute dringender denn je innovative Gewerkschaften brauchen, aber wenn sie nicht innovativ sind, müssen sie sich diese Kritik gefallen lassen.