Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 99

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Auch bezüglich der zeitlichen Erstreckung der Pflichtversicherung der Neuen Selbständigen unterliegen Sie, sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums, meiner Einschätzung nach einem Mißverständnis. Das Gesetz stellt darauf ab, daß das Versicherungsverhältnis durchgehend aufrecht ist. Herr Abgeordneter Kier! Sehen Sie sich die Erläuternden Bemerkungen an! Dort steht – ich zitiere – : "Tritt daher zum Beispiel ein Vortragender" – wir haben gezielt ein Beispiel gewählt – " immer wieder auf, so ist auch während jener Zeit eine betriebliche Tätigkeit anzunehmen, in der er vorübergehend keine Vortragstätigkeit entfaltet." Dasselbe würde gelten, wenn jemand nur einmal jährlich für einige Wochen, das aber regelmäßig wiederkehrend, zum Beispiel bei Festspielen tätig wird. Ich glaube, der Gesetzgeber hat die politische Intention in den Erläuterungen sehr genau definiert! (Abg. Dr. Kier: Der Gesetzgeber soll Gesetze schreiben, keine Erläuternden Bemerkungen!) Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Erläuterungen sind nach unserem gemeinsamen Verständnis auch Ausdruck des politischen Willens des Hohen Hauses und dementsprechend auch Gegenstand von Interpretationen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte zu den einzelnen Punkten noch einmal kurz Stellung nehmen.

Die Regelung betreffend die Freien Dienstverträge ist ein wichtiges Bindeglied zwischen den Regelungen für die Arbeitnehmer im engeren Sinn einerseits und den Regelungen für die Neuen Selbständigen andererseits. Die im § 4 Abs. 4 ASVG definierten Freien Dienstverträge stehen aus wirtschaftlicher und juristischer Betrachtung den Bedingungen, die für Dienstnehmer gelten, näher, daher waren sie aus unserer Sicht und auch aus Sicht der Mehrheit des Hauses als Dauerschuldverhältnis im ASVG zu regeln. Gerade durch die Regelung über die freien Dienstverträge soll verhindert werden, daß Unternehmen Dienstnehmer relativ leicht in die Neue Selbständigkeit drängen können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Befürchtung, die ich und insbesondere auch die Arbeitnehmervertretungen haben, daß immer wieder versucht wird, Umgehungen von Dienstverhältnissen zu finden – ich möchte jetzt nicht auf aktuelle Beispiele verweisen – , zeigt, wie wichtig es war, in diesem Zusammenhang eine Abgrenzung festzulegen. Und es war – ich wiederhole es noch einmal – ein besonderes Anliegen des Hohen Hauses, diesen Punkt zu regeln. Würde man nämlich dem Antrag des Liberalen Forums folgen, dann wäre beispielsweise eine vertragliche Regelung denkbar, gemäß welcher ein Bauleiter von einem Bauunternehmen als freier Dienstnehmer deklariert wird, und dies hätte zur Folge, daß der Arbeitgeber für diesen keine Sozialversicherungsbeiträge zu leisten hat, dementsprechend der Bauleiter aber auch nicht all jene Ansprüche hat, die aus einem Arbeitnehmerverhältnis entstehen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Inwieweit sich das Steuerrecht an sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Regelungen anlehnen könnte, ist Gegenstand der Beratungen in der Steuerreformkommission, aber eine Harmonisierung zwischen Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht ist auch Bestandteil der Beschlüsse des vergangenen Jahres.

Lassen Sie mich noch einmal auf die Frage der Versicherungsmöglichkeit für geringfügig Beschäftigte zurückkommen, weil Sie sich damit auch sehr ausführlich auseinandersetzen. Damit wurde insbesondere die Forderung der Interessenvertretungen der Frauen erfüllt, und mit dieser Regelung wird in gewissem Umfang dem Frauen-Volksbegehren, das ja große Unterstützung in der Bevölkerung fand, Rechnung getragen. Es handelt sich hiebei um eine sozialpolitisch wichtige Ausdehnung des Schutzbereiches der Sozialversicherung gerade auf jene Menschen, die diesen Schutz besonders brauchen. Ohne diese Regelung hätten vor allem die Schwächsten im Arbeitsleben keine Chance, einen eigenständigen Schutz in der Pensions- und Krankenversicherung zu erwerben. Ich betone noch einmal: Es geht dabei um jene Fälle, in denen dieser Bedarf als solcher auch gegeben ist, denn es gibt keine Verpflichtung auf der Arbeitnehmerseite.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kier! Sie haben in Ihrem Beitrag auch auf die Frage der Umbasierung der Arbeitgeberbeiträge auf eine Lohnsummenabgabe Bezug genommen. Es ist dies für mich ein durchaus nachvollziehbarer, wichtiger Ansatz, der im übrigen auch voll den


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