Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 103

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freiberuflich, andersberuflich beschäftigt ist, dann wird das Problem nicht gelöst werden. Sie sagen, wir wollen jenen Vorteile verschaffen, die Schlupflöcher erkennen. Und ich sage Ihnen, Frau Bundesministerin, wir wollen Schlupflöcher nicht zulassen und nicht für Unternehmer erkennbar machen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie zwingen ja geradezu zur Phantasie, dazu, daß jemand darüber nachdenkt und sagt, es geht ja warm weg, wenn ich das mache. Das ist doch nicht sinnvoll, meine Damen und Herren! Wir haben ein Regelwerk und ein System zu installieren und zu verabschieden, das einer gemeinsamen Zielformulierung – Frau Bundesministerin, da haben wir noch nie ein Problem gehabt – auch entspricht, aber nicht etwas nur aufgrund von Zaghaftigkeit, Zauderei, mangelndem Reformwillen, Angst vor der nächsten Wahl, Angst vor dem Koalitionspartner, Angst davor, daß einem der Himmel auf den Kopf fällt, zu tun. Es wird nur mehr repariert, zu Tode repariert, einmal der Auspuff, einmal die Felgen, einmal die Bremsen, und die Karre wird noch immer nicht gehen, es wird wieder verfassungswidrig sein. Sie werden sich neuerlich blamieren, Frau Bundesministerin, das ist das, was zu befürchten ist. Das tut uns auch leid. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Tief getroffen haben Sie mich natürlich mit Ihrem Beispiel des Bauleiters, Frau Bundesminister. Ich weiß nicht, ob Sie das Beispiel deshalb gebracht haben, weil ich der nächste Redner bin. Insofern würde ich mich geradezu bedanken. (Bundesministerin Hostasch: Wußte ich!) Aber ich muß sagen, da kennen Sie sich wirklich nicht aus. Denn einen Bauleiter beschäftige ich ja nicht 38 oder 40 Stunden, sondern bei einem Bauleiter bin ich schon froh, wenn ich mit dem Arbeitszeitgesetz nicht in Konflikt komme, das ist ja ein ganz anderes Problem. Da stellt sich nicht die Frage, ob er vollversichert ist. Der gehört ja zwar noch zu einer Mehrheit, aber doch zu einer Gruppe, die immer kleiner wird, die noch einen völlig krisensicheren (Zwischenruf des Abg. Mag. Kaufmann – zumindest in meinem Unternehmen, Herr Kollege Kaufmann – Vollarbeitsplatz hat, der nicht nur ihn, sondern auch dessen Familie ernährt.

Meine Damen und Herren! Da haben wir ein ganz anderes Problem, nämlich das Problem, daß dieser Bauleiter mit einem Fuß im Kriminal steht, weil es ein Arbeitnehmer/innenschutzgesetz gibt. Wie Sie wissen, ist das ja mein Lieblingsthema. Es läuft allerdings Gefahr, nunmehr vom Sozialversicherungsgesetz abgelöst zu werden. Das sind ja Gesetze, die quasi aus derselben Feder stammen. Sie sind gleich unlösbar, es ist bei ihnen gleich unmöglich, sie nachzuvollziehen, sie gefährden in gleichem Maße den Wirtschaftsstandort Österreich und konterkarieren Ihre Bemühungen und unsere gemeinsame Zielausrichtung für mehr Arbeit, größere soziale Sicherheit, mehr Solidarität und größere Gerechtigkeit. Das, Herr Kaufmann und Frau Bundesministerin, müssen Sie sich einmal zu Herzen nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie, Frau Bundesminister, haben das heute erwähnt, und ich habe mir Stichworte aufgeschrieben. Sie sagen, es ist eine grundsätzliche Debatte. – Da gebe ich Ihnen recht. Sie sagen, wir müssen Neuland beschreiten. – Es ist ein Jammer, aber wo ist das Neuland, Frau Bundesminister? Sie sehen zwar einen neuen Kontinent, benehmen sich aber wie jene irischen Auswanderer, bei denen es beim Vorsatz geblieben ist und die lieber in Irland verhungert sind. Neuland haben jene beschritten, die sich in das schwankende Schinakl hineingetraut haben, die hinübergefahren sind. Und dort haben sie eben Neuland beschritten. Die anderen sind zu Hause geblieben und hatten die Konsequenzen zu tragen. Neuland beschreiten braucht auch Mut, und Neuland beschreiten braucht Reformwille und Reformkraft, Frau Bundesministerin. Es ist zuwenig, da herumzudoktern.

Wenn Sie dann von Vertrauensschutz und Pensionsreform et cetera sprechen, so muß ich sagen, daß das Wort "Pensionsreform" allein schon nach meinem Dafürhalten eine arge Verhöhnung der deutschen Sprache ist, denn "Pensionsreform" dürfte es auf keinen Fall heißen. Ich will mich nicht darüber auslassen, was es tatsächlich ist, aber eine Pensionsreform ist es nicht.

Aber ich finde es stark, daß Sie uns das einreden wollen, gerade mir, der ich ein Betroffener bin. Ich bin Jahrgang 1944 und werde daher zu den ersten gehören, deren Beiträge zum Pensionssystem nicht mehr zu einer adäquaten oder entsprechenden Pension führen werden,


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