Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 112

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zum Jahr 2002. Jetzt diskutieren wir über die Werkvertragsregelung. Ich stelle einen Zusammenhang her, und Sie werden sich fragen: Worin besteht dieser Zusammenhang?

Ich werde versuchen, Ihnen das zu erklären. Ich gehe von folgender Annahme aus: Bisher war es so, daß die geringfügig Beschäftigten in der Beschäftigtenstatistik nicht aufgeschienen sind, 150 000 Personen, die nicht als unselbständig Beschäftigte gezählt wurden. (Abg. Dr. Feurstein: Sie haben aber keine Ahnung, wie die Statistik gemacht wird! Das ist eine Unterstellung wider besseres Wissen, Herr Öllinger!) 150 000 Personen, die nicht als unselbständig Beschäftigte gezählt wurden, werden jetzt – zusammen mit den freien Dienstvertragsnehmern – zumindest zu einem Teil als Beschäftigte aufgezeigt werden und in der Statistik auftauchen. (Abg. Dr. Feurstein: Das ist ein Untergriff! Das ist die unterste Schublade!)

Es ist zumindest so, Kollege Feurstein, daß man dort, wo man die Statistiken erstellt, nicht weiß, wie man die Beschäftigtenstatistiken der Jahre 1997 und 1996 oder vorangegangener Jahre mit denen des Jahres 1998 – mit diesen Änderungen – vergleichbar machen soll. Fragen Sie doch die Leute im Statistischen Zentralamt, fragen Sie die Leute im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, welche Probleme sie haben! Und das ist nur ein Detailproblem des Ganzen. Es ist schon einiges dazu gesagt worden, was die rechtlichen Probleme betrifft. Es geht nicht nur um die rechtlichen Probleme, sondern offensichtlich auch darum, daß Sie mit dieser Art, Menschen in die Sozialversicherung einzubeziehen – dazu werde ich später noch einiges sagen –, auch ein kleines bißchen Politik in Richtung Beschäftigungsstatistiken-Schönung machen wollen. (Abg. Dr. Feurstein: Wider besseres Wissen!)

Herr Kollege Feurstein! Sie werden mir dann gewiß erklären, daß dem nicht so ist. (Abg. Dr. Feurstein: Heute nicht! Das nächste Mal!) Aber wir werden sicherlich in späteren Tagen noch darauf zu sprechen kommen. Das Problem liegt selbstverständlich nicht in der Statistik. Ob die 10 000, 20 000 oder 30 000 Personen jetzt in der Statistik aufscheinen und Ihnen helfen, den Beschäftigungsplan etwas zu behübschen, ist egal. Das Problem liegt einerseits in der rechtlichen Situation, und das Problem, das ich noch dazu sehe, liegt auch in Ihrer Argumentation, und zwar in folgender Hinsicht: Sie sagen, Sie wollen die Flucht aus dem Arbeits- und Sozialrecht verhindern. Mehrere Male ist das gesagt worden. Ich komme gleich darauf zurück; vorerst zur rechtlichen Situation.

Gott sei Dank sind wir noch nicht dort, wo der Kollege Haselsteiner geglaubt hat: daß wir schon bei der 186. ASVG-Reform oder -Novelle wären. Aber wir halten immerhin schon fast bei der 130. Novellierung des ASVG, Kollege Feurstein und werte Frau Ministerin! (Abg. Mag. Posch: Und was sagt das?) Selbstverständlich mußte in den vergangenen Jahren das ASVG jährlich angepaßt werden. Aber sehen Sie sich die Entwicklung an! Wir hatten in den fünfziger und sechziger Jahren jährlich eine Novellierung des ASVG – ob gezählt oder ungezählt –, und jetzt sind wir zu einer Taktratenerhöhung von ein oder zwei Novellierungen auf sechs und sieben Novellierungen pro Jahr gekommen, in den letzten Jahren steigend!

Wer, bitte, soll dieses Gesetz noch nachvollziehen? – Ich vermute, daß nicht einmal der größere Kreis der Eingeweihten das ASVG und die Begleitgesetze tatsächlich noch in vollem Umfang nachvollziehen kann. Das ist das eigentliche Problem. Dazu brauche ich Ihnen jetzt gar nicht den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes oder andere Stellungnahmen zu zitieren. Sie wissen sehr wohl genau und ebensogut wie wir, daß dieses Gesetz nicht lesbar ist und daß es von den Leuten draußen in der Praxis nicht nachvollzogen werden kann, sondern daß es dort nur bestimmte Ahnungen darüber gibt, wie man mit diesem Gesetz umzugehen hat. Aber es ist in dieser Form nicht mehr nachvollziehbar, weil nicht einmal die Personen in den Institutionen rechtzeitig die neuen Novellierungen aufarbeiten können, bevor bereits wieder die nächste Novellierung kommt. – Soviel zur rechtlichen Seite.

Spannender aber finde ich die sozialpolitische Seite des Ganzen. Die Flucht aus dem Arbeits- und Sozialrecht soll verhindert werden – gut, ein gemeinsames Anliegen. Aber, Kollege Hums: Wenn das wirklich das erklärte Ziel war, das du mit dieser ersten Reform intendiert hast und das jetzt auch in den weiteren Reformen der Werkvertragsregelung enthalten ist, dann bitte ich dich um eine Erklärung, warum gleich bei der ersten Werkvertragsregelung die Kolporteure hinaus


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