Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 120

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Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, werden Sie doch nicht als sozial oder wirtschaftlich angemessen erachten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

17.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte.

17.14

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer meiner Vorredner, Herr Kollege Kaufmann, hat sich mit der Gerechtigkeit im Sozialversicherungsrecht auseinandergesetzt. Er hat gemeint – aus seiner Sicht durchaus verständlich –, man müßte vielleicht beim GSVG etwas ändern, dort seien die Beiträge zu gering. Das ist, wie gesagt, aus seiner Sicht durchaus verständlich.

Ich meine aber, wenn wir uns heute mit dem Thema Werkverträge, freie Dienstverträge auseinandersetzen, sollten wir uns auch ein wenig mit der Arbeiterkammer beschäftigen. Es war für mich doch sehr erstaunlich – und immerhin ist die Frau Sozialministerin eine ehemalige Präsidentin der Arbeiterkammer –, wie die Arbeiterkammer mit ihren – unter Anführungszeichen – "Dienstnehmern" umgeht. Ich habe immer gemeint, die Arbeiterkammer steht für echte Dienstverträge, Angestelltenverhältnisse und Arbeitsverhältnisse. Es ist jedoch genau das Gegenteil der Fall. In der Arbeiterkammer wurde die Chance genutzt, und ich frage mich daher: Ist dieses Gesetz vielleicht geschaffen worden, um für die Arbeiterkammer gewisse Privilegien zu schaffen oder gewisse Vorteile zu erringen? – Die Chance wurde dort genutzt; auf einmal gibt es bei der Arbeiterkammer in manchen Bereichen keine Dienstverträge, keine Angestellten und keine Arbeiter mehr.

Herr Kollege Kaufmann! Ich bin noch nicht daraufgekommen – das muß ich zugeben –, daß es in Niederösterreich so ist, denn dann würden wir beide noch einige "Sträuße ausfechten". Aber ich bin daraufgekommen, daß es in Wien so ist. In Wien bei den Stellen der Konsumenteninformation gibt es, wenn es hoch hergeht, eine Sekretärin der Arbeiterkammer, die halbtags angestellt ist, daneben aber viele, viele geringfügig Beschäftigte; das sind Leute, die nur mit freien Dienstverträgen angestellt werden, die gar keine Chance haben, einen ordentlichen Dienstvertrag und Abfertigungsrechte zu bekommen.

Herr Kollege Kaufmann und Frau Bundesministerin! Das betrifft Sie als Sozialministerin sehr stark. Ich finde das unsozial, und ich meine, da sollten Sie einschreiten. Herr Kollege! Ich fordere Sie beziehungsweise die Wiener Arbeiterkämmerer – denn diese sind in erster Linie betroffen – dazu auf, daß Sie hier einschreiten, denn es kann doch nicht sein, daß die Arbeitnehmervertretung, die Arbeiterkammer, sich das zunutze macht und ihren tatsächlich Angestellten – diese sind nämlich wirklich alle Dienstnehmer – dadurch, daß sie keine ordentlichen Dienstverhältnisse haben, Schlechterstellungen zumutet. Aber das ist typisch sozialistisch!

Soll ich Ihnen noch eine Geschichte erzählen? Sie hat sich zwar durch das Gesetz erübrigt, aber wissen Sie, was die Arbeiterkammer gemacht hat? Wissen Sie, was sie gemacht hat, als die alte Werkvertragsregelung in Geltung war? – Bei der Arbeiterkammer hat es immer Werkverträge für Vortragende gegeben, die Honorare für Seminare oder für sonstige kurzfristige Dienstleistungen bezogen haben. Als seinerzeit die alte Werkvertragsregelung eingeführt wurde, bei der die Dienstgeber auch einen Teil als Sozialversicherungsbeitrag bezahlen mußten, ist, muß ich wieder sagen, die Wiener Arbeiterkammer – ich weiß nicht, ob es die niederösterreichische Arbeiterkammer auch gemacht hat – auf diese Vortragenden, auf diese Seminarleiter zugegangen und hat folgendes gemacht: Sie hat nicht gesagt, ihr müßt jetzt Arbeitnehmerbeiträge bezahlen, klar, daß ihr netto weniger herausbekommt, sondern sie hat gesagt, wir müssen die Verträge ändern, ihr bekommt ab sofort – und das ist nachgewiesen – geringere Honorare, denn wir müssen uns die Arbeitgeberbeiträge ersparen.

So wurden damals, als die Werkvertragsregelung im Kraft trat, bei der Arbeiterkammer sämtliche Verträge von SeminarleiterInnen und Seminarveranstaltern gekürzt. Das ist sozialistische Politik! Schämen Sie sich, Herr Kollege Kaufmann, oder tun Sie als niederösterreichischer Arbeiterkämmerer etwas gegen solche Zustände in Wien! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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