Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 50

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der Volksanwaltschaft ist, eine Art Spiegel der gesellschaftlichen Situation in unserem Lande zu sein und Ihnen als Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaft, des österreichischen Nationalrates, mit diesem Spiegelbild zu helfen, Ihre Entscheidungen zu treffen. Das ist, glaube ich, im Sinne der Bürger, die Sie zu Abgeordneten gewählt haben, und das ist ein wesentlicher Teil unserer Aufgabe, da wir letztlich von Ihnen in dieses Amt entsandt worden sind.

Gesellschaftliche Entwicklung ist aber etwas, das sich in Fluß befindet. Ich teile daher die Meinung meiner beiden verehrten Amtskollegen, des derzeitigen Vorsitzenden der Volksanwaltschaft, Herrn Volksanwalt Horst Schender, und der Frau Kollegin Volksanwältin Ingrid Korosec, daß auch die Volksanwaltschaft sich weiterentwickeln muß und daß die Volksanwaltschaft von Ihnen die Chance bekommen muß, sich weiterzuentwickeln. Auch wenn wir offensichtlich nicht immer in allen Punkten einer Meinung sind, bitte ich Sie doch darum, daß Sie uns in umfassenden Diskussionen immer wieder die Möglichkeit zum Gedankenaustausch geben.

Einen Punkt möchte ich ganz speziell ansprechen, weil er heute schon vielfach in Diskussion gezogen worden ist: Das ist die Frage der Prüfmöglichkeit bei ausgegliederten Rechtsträgern. Gestatten Sie mir, daß ich – ich bin von meiner Ausbildung her Germanistin – einen wesentlichen sprachlichen Unterschied aufzeige, nämlich zwischen "ausgegliedert" und "privatisiert". Es gibt da, wie ich meine, sehr wohl einen wesentlichen Unterschied, und ich bin sehr froh darüber, daß man zum Beispiel – auch das wurde schon angesprochen – das Arbeitsmarktservice weiterhin der Prüfmöglichkeit durch die Volksanwaltschaft unterstellt hat.

25 Prozent aller Beschwerden betreffend den Sozialbereich, die im Jahr 1996 an die Volksanwaltschaft herangetragen worden sind, bezogen sich auf das Arbeitsmarktservice. Das zeigt, daß diese Maßnahme sehr wohl zu Recht erfolgt ist und daß sie im Sinne der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes eine wichtige ist.

Es wurde heute auch schon davon gesprochen, daß man die betroffenen Bürgerinnen und Bürger im Bereich anderer ausgegliederter Rechtsträger unter Umständen auf den Zivilrechtsweg verweist. Das möchte ich mit einem Fragezeichen versehen, denn auch ich glaube nicht, daß eine einfache Frau aus dem Waldviertel oder der kleine Mann aus dem südlichen Burgenland die Möglichkeit hat, sich einem großen, mächtigen ausgegliederten Rechtsträger auf dem Gerichtsweg zu stellen, ohne ein unendliches Kostenrisiko einzugehen. (Beifall bei den Grünen.)

Es hat sich in diesem Zusammenhang eine sehr spontane Diskussion zwischen Frau Abgeordneter Dr. Karlsson und Frau Abgeordneter Dr. Frieser ergeben, und ich würde gerne als kleinen Denkanstoß ein Beispiel aus anderen europäischen Ländern hier dazu einbringen. Es gibt nämlich eine Reihe von nationalen Ombudsmanneinrichtungen, wo die Frage der Prüfkompetenz für ausgegliederte Rechtsträger mit der "Wahrnehmung von öffentlichen Interessen" definiert ist. Ich glaube, das ist etwas, worüber man doch noch einmal nachdenken sollte.

Es wurde uns schon vor einiger Zeit eine Enquete über die Volksanwaltschaft, vielleicht zum 20. Geburtstag, in Aussicht gestellt. Ich möchte jetzt nicht so pessimistisch sein, zu sagen, vielleicht könnten wir sie zum 25. Geburtstag erhalten, aber vielleicht gäbe es wirklich einmal die Möglichkeit, sich über die parlamentarischen Möglichkeiten, die uns als Volksanwälten hier zur Verfügung stehen, hinausgehend betreffend die Weiterentwicklung zusammenzusetzen und darüber zu reden. Denn letztendlich haben Sie uns die Aufgabe, die Interessen der Bürger, wie ich zuerst gesagt habe, in einer Art Spiegel, vielleicht in einer Art Hörrohr wahrzunehmen und Ihnen weiterzugeben, übertragen!

Ich glaube nicht, daß wir uns, wenn Sie uns in unseren Überlegungen nicht gleich folgen können, einfach zurücklehnen und sagen dürfen: So ist es halt! Ich möchte weiter bei Ihnen darum werben, daß wir gemeinsam in diesem Sinne für die Bürger nachdenken, um neue Herausforderungen mit neuen Antworten zu versehen.

In einem Punkt möchte ich mich bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, und auch bei den Vertretern von vielen Ressorts, vor allem bei den Vertretern des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, bedanken: Die Anregungen der Volksanwaltschaft sind in vielen Bereichen übernommen worden. Herr Abgeordneter Stippel hat beispielsweise


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