Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 60

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seiner Sprache, zu Hause und sogar auf der Straße, aber wenn es etwa um die Behördensprache geht, ist überhaupt nur davon die Rede, daß Bemühungen in die Wege geleitet werden sollen, vor den Verwaltungsbehörden dazu zu kommen, daß man sich in der Minderheitensprache, in der Volksgruppensprache verständlich machen kann. Von den Gerichten ist nicht einmal bei dieser zahmen Formulierung die Rede. Nur die Verwaltungsbehörden sind eingebunden in die Absicht, sich zu bemühen, aber die Gerichte werden nicht einmal erwähnt in dieser bescheidenen Absicht, obwohl mir das ganz besonders wichtig erschiene.

Das bedeutet, es ist dies ein erster Versuch, es ist dies offensichtlich wirklich der kleinste gemeinsame Nenner, der in Europa hat gefunden werden können. Es ist formell an sich ein gewisser Fortschritt, materiell aber überhaupt keiner. Man wird sich bemühen müssen, diesem Gebilde inhaltlich Leben einzuhauchen. Wir können nur hoffen, daß es gelingen wird, erstens das bißchen, das drinnen ist, das bißchen, das es bedeutet, auch wirklich durchzusetzen, sodaß es nicht leeres Papier bleibt. Mir fällt eine ganze Reihe von Staaten ein, in denen es sehr schwierig sein wird, auch diese bescheidenen Ansätze mit Leben zu erfüllen.

Zweitens wird man trachten müssen, daß man wirklich einen gewissen Level, wie in Österreich schon lange praktiziert – wir alle sind stolz darauf, und uns ist das, was bei uns geschieht, noch zuwenig –, auch in den anderen Ländern – da schaue ich nur vom Nordosten über den Osten bis zum Südosten Österreichs – in diesem bescheidenen Rahmen erreicht. Das muß unser Anliegen sein.

Seien wir froh, daß es den Rahmen gibt, aber der Rahmen allein ist zuwenig. Es wird ein aussagekräftiges Bild hineinkommen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.30

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich vernehme – und das ist angenehm – in dieser Debatte, daß sich die Fraktionen dieses Hauses hinsichtlich der vorliegenden Materie einig sind. Es ist ja auch im Verfassungsausschuß die Diskussion schon entsprechend abgelaufen. Das entbindet mich aber nicht von der Pflicht, den österreichischen Vorbehalt noch einmal aufzugreifen.

Es ist eigentlich schade, daß die Bundesregierung es für notwendig erachtet hat, den Vorbehalt abzugeben. Das selbst erklärt ja schon, daß sie der Meinung ist, daß sie das ohne Vorbehalt nicht anwenden kann. Darüber hinaus erweckt der Vorbehalt auf der internationalen Ebene den Anschein, als wären alle Probleme bereits erledigt, was nicht stimmt. Kollege Posch hat auch schon darauf hingewiesen.

Wir sind in einigen Bereichen säumig, wir sind bei den topographischen Aufschriften nicht wirklich weitergekommen. Was auch immer dabei herauskommt: Einfach steckenbleiben darf so etwas nicht! Selbst wenn jemand ein Verfechter des Wunsches ist, daß es gar keine topographischen Aufschriften geben soll, was ich absolut zurückweise, könnte er nicht zufrieden sein mit einem Zustand, bei dem die Faktenlage und die Rechtslage völlig auseinanderklaffen. Aus meiner Sicht haben wir da einen enormen Nachholbedarf.

Wir müssen das, was wir unter Minderheitenschutz verstehen, auch wirklich sichtbar machen. Ich fürchte, der Umstand, daß wir uns gerade bei den topographischen Aufschriften so schwertun, hängt damit zusammen, daß Dinge dadurch sichtbar gemacht werden, daß man nicht nur in Versammlungssälen Sonntagsreden zum Minderheitenschutz halten kann, sondern daß das dann auch ein Teil der Landschaft im eigentlichen Sinn des Wortes wird.

Das Volksgruppengesetz ist ja auch nicht ein Gesetz, das nicht mehr verbesserungsbedürftig ist. Daher meine ich, daß wir aufgrund der heutigen Genehmigung doch versprechen sollten, daß wir die Defizite in diesem Bereich abbauen werden.


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