Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 61

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Die soziale Lage ist bei den Minderheiten auch nicht die allerbeste. Wenn man aber einen gesamthaften Ansatz wählt, muß man auch die soziale Situation der Minderheiten in die Betrachtung mit einbeziehen und darf nicht bei den förmlichen Aspekten hängenbleiben. Man sieht das ganz deutlich am Beispiel der Roma, an dem, was in Oberwart bis dato de facto geschehen ist. Es geht teilweise um Aspekte, die im Zusammenhang mit dem Umgang mit Minderheiten stehen, in diesem Fall aber sehr oft um Aspekte, die im Zusammenhang mit der sozialen Frage bezogen auf Minderheiten stehen.

All das sind doch bedeutende Defizite, wird aber selbstverständlich kein Hindernis sein, die Genehmigung zu erteilen. Ich möchte allerdings auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, daß die Zustimmung zu dieser Ratifizierung gleichzeitig auch ein Persilschein zur Fortsetzung der bisherigen Minderheitenpolitik ist.

Als letzte Anmerkung: Es wäre schon sehr schön, wenn wir im laufenden Kalenderjahr auch noch die Europäische Charta für Regional- und Minderheitensprachen ratifizieren könnten. Da schließe ich mich dem Kollegen Posch an. Es ist das zwar nicht Verhandlungsgegenstand, aber wann sonst hat man schon die Gelegenheit, das so ausdrücklich und auch in der richtigen Form als Wunsch zu deponieren. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

12.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. (Abg. Mag. Stoisits: Ich korrigiere auf 10! 5 Minuten sind entschieden zuwenig!) 10 Minuten. – Bitte.

12.34

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte nicht an den Aussagen der Vorredner anknüpfen, sondern an einer eines Vorvorvorvorredners, nämlich des Herrn Bundeskanzlers, der sich in der heutigen Fragestunde grundsätzlich zur Volksgruppenpolitik geäußert hat. Er hat nämlich hier bei der Frage des Kollegen Kier, bei der es um die Förderung von Minderheitenmedien gegangen ist – ich kann das jetzt nicht mehr wirklich wörtlich zitieren, aber sinngemäß –, gemeint: Volksgruppenpolitik ist etwas ganz Prioritäres für die Bundesregierung, weil es dabei um essentielle Fragen eines friedlichen Zusammenlebens von Minderheiten und Mehrheiten geht. Da ich ja nicht an der Ernsthaftigkeit von Aussagen des Herrn Bundeskanzlers zweifle und in diesem Fall auch gar nicht zweifeln will, möchte ich am Beginn meiner Ausführungen betonen, daß der Chef der Regierung das wirklich ernst meint.

Daß es dann, wenn es um die konkrete Umsetzung von sozusagen ernstgemeinten politischen Zielen geht, natürlich oft Schwierigkeiten gibt, dafür habe ich auch Verständnis, auch dafür, daß man dazu Zeit braucht. Und die notwendige Zeit möchte ich auch dem Herrn Bundeskanzler, seinen Mitarbeitern und dem Herrn Staatssekretär geben. Nur: Manchmal braucht halt die österreichische Bundesregierung gar viel Zeit für ganz harmlose Dinge.

Die Rahmenkonvention, die heute hier im Parlament genehmigt wird, wird nicht etwa deshalb jetzt erst debattiert, weil das Parlament so faul ist und sich nicht damit beschäftigen möchte, sondern deshalb, weil wir bis vor kurzem warten mußten, daß die Regierung dieses Dokument vorlegt. Die Regierung hat es aber bereits im Jahre 1995 unterzeichnet! – Das nur zur Klarstellung.

Es war eine gemeinsame Initiative aller fünf Parteien, die Regierung wurde in einem Entschließungsantrag aufgefordert. Kollege Schwimmer hat das damals, obwohl er nicht Minderheitensprecher ist, sehr unterstützt, da es ja auch in unserem Interesse ist, daß man es ein bißchen ernster nimmt, wenn der Europarat Konventionen ausarbeitet. Österreich unterschreibt sie immer sehr schnell – da sind wir wirklich sehr schnell –, aber bei der innerstaatlichen Umsetzung läßt man sich dann Zeit.

Das zweite, heute bereits angesprochene Dokument – vom Kollegen Posch, aber soeben auch vom Kollegen Kier –, nämlich die Charta der Regional- und Minderheitensprachen, hat Österreich bereits 1992 unterzeichnet. Seit 1992 schmücken wir uns international damit, daß wir ein


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