Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 120

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haben – im Gegensatz zur Frau Bundesministerin, die sehr klare, sehr eindeutige Worte gefunden hat, mit denen ich in dieser Debatte auch völlig konform gegangen bin.

Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen zu Beginn gesagt: Ihr Ziel dieser Anfrage war klar. Die Rechnung ist jedoch nicht aufgegangen. Sie konnten diese Polarisierung auf dem Rücken der Opfer nicht erreichen.

Es ist auch schon viel gesagt worden zur Doppelbödigkeit Ihrer Vorgangsweise in Sachen Kinderschändung. Ich frage Sie noch einmal, Herr Abgeordneter Stadler, in Anbetracht dessen, daß bereits Stimmen von seiten der Kirche laut werden und etwa Bischof Weber und Kardinal Schönborn ganz klar und eindeutig Stellung beziehen und nichts mehr beschönigen, mit welch unterschiedlichem Maß Sie messen, wenn Sie eigentlich der letzte sind, der aufklärungsbedürftige Vorgänge beschönigt und hier nicht einer lückenlosen Aufklärung das Wort redet! (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Erstatten Sie Strafanzeige, wenn Sie mehr wissen! Haben Sie Faktenwissen? Wenn Sie Faktenwissen haben, erstatten Sie Strafanzeige!)

Herr Abgeordneter Stadler! Wir reden hier über politische Umstände. Sie haben dem Bundeskanzler in Ihrer impertinenten Art sogar eine Begünstigung vorgeworfen. Ich werfe Ihnen vor, daß Sie mit verschiedenerlei Maß messen und daß Sie hier politisch nicht korrekt vorgehen. Das ist etwas sehr anderes.

Aber ich komme noch auf einen weiteren Punkt, der mir persönlich wichtig ist. In den Medien ist dazu viel geschrieben worden. Die maßgeblichen Kommentare sind eindeutig. Mir scheint einer, nämlich jener von Marlene Streeruwitz, besonders bedeutsam und beachtlich, daß hier nämlich einerseits eine Umfunktionierung des Wiener Aktionismus, auch eine Verkürzung in der Debatte stattgefunden hat und daß Sie an dieser Verkürzung interessiert sind. Und ohne daß ich hier den Vorwurf irgendeines deliktischen Verhaltens oder auch nur einer Begünstigung erhebe, bitte ich Sie doch, nachzudenken über die Wurzeln von all dem. Denn ich denke, der Aktionismus oder das, was hier als Aktionismus herüberkam, ist ein verkürztes Konzept von Männlichkeit, eine verkürzte Konzeption, die zu Verwischungen führt.

Das im Ausschuß verteilte Buch über Otto Mühl, in dem er selbst zu Wort kommt, in dem er selbst schreibt, hat schon einige verräterische Parallelen in der Sprache – der Sprache eines autoritär denkenden Menschen –, wenn er redet vom "Staatskadaver, in dessen Nischen sich Beamte wie Schimmelpilze einnisten", vom "Staatsgesindel", von einer "unermeßlichen Herde von Parasiten, die schmarotzt in den Nischen des Staatskadavers" – er nennt hier Schauspieler, Sänger, Tänzer, Musiker, Literaten, Maler –, wenn Otto Mühl redet von "widerlichen Kreaturen", die seiner Hoffnung nach der "evolutionären Entlausung des Erdballs" zum Opfer fallen werden. Er spricht von den "Staatskünstlern, die quasikreativ" sind. (Abg. Öllinger: Das kommt uns bekannt vor, diese Sprache!)

Wenn er vom Staat als einem "senil und impotent gewordenen demokratischen Mistkäfer" spricht, dann denke ich mir, ich habe schon ganz ähnliches gehört und gelesen, und zwar aus dem Mund von Dr. Haider: dieselben Worte, dieselben Thesen vom eisernen Besen, mit dem der Staat ausgemistet gehöre, von den Parasiten, die jahrelang keine Leistung erbringen im Kunst- und Kulturbetrieb. (Abg. Haigermoser: Nicht einmal ignorieren!) Oder Jörg Haider: Nicht die braune Brut ist die Gefahr, sondern das rote Gesindel. – Es sind dieselben Worte, es ist dieselbe Diktion, die sich selber für unfehlbar hält und die anderen mit gnadenlosen Beflegelungen entwertet. Oder wenn Sie reden von den roten und schwarzen Filzläusen, die mit Blausäure bekämpft gehören ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Hier Mühl – da Haider. Es ist eine autoritäre Sprache, die einem Denken entstammt, das antifeministisch ist, das auch antidemokratisch ist. Ich möchte daher lieber mit den Mitgliedern dieser Bundesregierung über einen besseren Schutz für die Opfer aller Verbrechen, insbesondere für die Opfer von Kinderschän


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