Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 17

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Handhabe existiere, nimmt sich gemessen am Risikopotential und an bekannten Aktivitäten in der Vergangenheit, Stichwort Wackersdorf, eher unbedeutend aus.

Auch in Sachen Mochovce kann von Strategie und Konsens keine Rede sein. Trotz 1,2 Millionen österreichischer Einwendungen (die mitentscheidend waren, daß eine Finanzierung via EBRD und EIB nicht zustande kam) befindet sich der Reaktorblock 1 derzeit unmittelbar vor der Fertigstellung. Die Finanzierung erfolgt nunmehr wesentlich über Frankreich und Deutschland, offizielle österreichische Proteste dagegen sind nicht bekannt. Im Gegenteil, Österreich hat schwerwiegende strategische Fehler begangen. So wurden Aussagen aus der Slowakei begrüßt, daß mit der Mochovce-Inbetriebnahme die beiden ältesten Reaktoren in Bohunice stillgelegt werden sollen. Das kam (gerade in der slowakischen Öffentlichkeit) einer Akzeptanz von Mochovce gleich. Auch war immer bekannt, daß in Bohunice Restrukturierungsmaßnahmen in dreistelliger Millionenhöhe in Auftrag gegeben wurden, deren Abschluß über den Mochovce-Inbetriebnahmetermin hinausgeht bzw. die eindeutig als Investition in eine Verlängerung der Betriebsdauer gelten. Die derzeitigen Gespräche mit der Slowakei haben einzig zum Inhalt, ob ein sogenannter 2. Walkdown-Bericht von kritischen Experten erstellt werden kann, was zwecks Bewertung der Sicherheitsdefizite prinzipiell sinnvoll wäre. Allerdings wurde parallel dazu keine Nichtinbetriebnahme-Garantie vorgeschlagen, sodaß zu befürchten ist, daß die diplomatischen Verhandlungen über Zeitpunkt der Besichtigung und akkordierte Herausgabe des Berichtes mehr Zeit beanspruchen, als bis zur Inbetriebnahme verbleibt.

Neuer Europäischer Druckwasserreaktor:

Nicht nur aufgrund des besorgniserregenden Zustandes einiger bayerischer Reaktoren, wie etwa Ohu/Isar, wäre es längst notwendig, auch gegenüber den deutschen Nachbarn mit klaren Positionen aufzutreten. Denn mit der deutsch-französischen Neuentwicklung eines ,Europäischen Druckwasserreaktors-EPR‘ (Leistung: 1 500 MWe), die vor dem Abschluß steht, droht auch von dieser Seite die Errichtung eines weiteren grenznahen Kernkraftwerkes. Eine Beteiligung Österreichs an der Mitfinanzierung am Projekt durch das künftige 5. EU-Energieforschungs-Rahmenprogramm ist nicht auszuschließen. Ob Österreich in diesem Fall von seiner Vetomöglichkeit bei der Beschlußfassung Gebrauch machen wird, ist ungeklärt.

Mit Beschluß des neuen deutschen Atomgesetzes könnte dieser Reaktortyp standortunabhängig typisiert werden, Mitsprachemöglichkeiten am späteren Errichtungsort würden massiv eingeschränkt. Zwei von sechs möglichen Standorten für dieses Projekt liegen in unmittelbarer Grenznähe zu Österreich (Rosenheim und Pleinting/Passau). Bayern dementierte zwar die unmittelbar bevorstehende Errichtung zum Zweck der Stromversorgung (denkbar ist aber auch eine Export-Referenzanlage), nicht aber, daß das Genehmigungsverfahren bereits Ende 1998 eingeleitet werden könnte. Bislang wurde von der Bundesregierung keine Stellungnahme abgegeben, um auf eine grundsätzliche Verzichtserklärung des Freistaates Bayern hinzuwirken.

Zentrale europäische energiepolitische Erfordernisse, wie etwa die Änderung des anachronistischen Euratom-Vertrages in Richtung Beendigung der EU-Atomförderung, immerhin als klare Aufträge des Parlaments an die Bundesregierung beschlossen, werden mittlerweile als unrealisierbar schubladiert, jedenfalls aber ist nichts über die Erarbeitung eines Umsetzungskonzeptes bekannt. Dabei bedeutet gerade die Frage der Atomförderpolitik ein massives Problem für die österreichische Glaubwürdigkeit in Atomfragen. Denn nach wie vor fließen jährlich rund 100 Millionen Schilling in diverse EU-Atomfonds (Euratom-Mitgliedsbeitrag; Fissions- und Fusionsforschung; PHARE/TACIS).

Osterweiterung und Atomausstieg:

Kein Konzept liegt auch dafür vor, wie Österreich die beginnenden Osterweiterungsverhandlungen und seine EU-Präsidentschaft zur Umsetzung des Parlamentsbeschlusses nutzen will, wonach es ,verbindlich zur Erstellung von Atom-Ausstiegskonzepten für die MOE-Staaten kommen soll‘. Parallel sollten kooperativ EU-Finanzierungsinstrumente (etwa die 50 Milliarden Schilling aus dem Euratom-Fonds, der derzeit für AKW-Kredite zur Verfügung steht) umgewidmet beziehungsweise geschaffen und angeboten werden. Auch würde dieses Junktim Übergangsfristen


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